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[[File:HeinrichBoernstein.jpg|160px|thumb|Heinrich Börnstein, 1873]]Heinrich Börnstein (1805–1892) trat als sehr reger Vermittler populärer französischer Theaterstücke der 1840er Jahre im deutschsprachigen Raum in Erscheinung. Er wurde in Hamburg in eine Schauspielerfamilie geboren, wuchs in Lemberg auf, diente dann einige Jahre im österreichischen Militär und übersiedelte 1826 nach Wien, um Medizin zu studieren.  


==Börnstein, ein Theater-Macher==
==Börnstein, ein Theater-Macher==

Aktuelle Version vom 9. Dezember 2025, 11:51 Uhr

Heinrich Börnstein, 1873

Heinrich Börnstein (1805–1892) trat als sehr reger Vermittler populärer französischer Theaterstücke der 1840er Jahre im deutschsprachigen Raum in Erscheinung. Er wurde in Hamburg in eine Schauspielerfamilie geboren, wuchs in Lemberg auf, diente dann einige Jahre im österreichischen Militär und übersiedelte 1826 nach Wien, um Medizin zu studieren.

Börnstein, ein Theater-Macher

In Wien fasste Börnstein schnell in der Theaterszene Fuß, arbeitete für Adolf Bäuerles[1] Allgemeine Theater-Zeitung, wurde Sekretär der vereinigten Theater an der Wien und in der Josefstadt, begutachtete Stücktexte und kümmerte sich um Bühnenbild, Requisiten, Kostüme und Musik. 1828 begannen seine Wanderjahre als Schauspieler: Nach der Mitwirkung an Theatern in Ofen, Temeswar, Laibach, St. Pölten, Venedig, Linz, Agram, Triest, Mannheim und Mainz landete er in Paris, wo er sich unter anderem als Regisseur an der italienischen Oper betätigte. Das von ihm gegründete „Bureau central de commission et de publicité pour l’Allemagne – Central-Bureau für Commission und Publizität, commerziellen und geselligen Verkehr zwischen Frankreich und Deutschland“ widmete sich ab 1842 der Übersetzung und dem Versand von Theatertexten.[2] Seine guten Pariser Kontakte ermöglichten ihm den frühen Zugang zu Manuskripten, die er prompt übersetzte, mit Hinweisen auf Kostüme, Bühnenbild und Regie versah und an interessierte deutschsprachige Theater versandte. Dieses Verfahren ermöglichte Aufführungen auf deutschsprachigen Bühnen zwei Monate nach der Pariser Uraufführung.

Börnstein als Übersetzer von populären Komödien und Vaudevilles

Französisch hatte Börnstein bereits in dem von Napoleons Armee besetzten Hamburg gelernt, in seiner Militärzeit war er als Dolmetscher tätig, in Wien gab er französischen Sprachunterricht. Seine Pariser Übersetzungen betreffen zur Gänze populäre Komödien und Vaudevilles, die bekanntesten übersetzten bzw. bearbeiteten Autoren sind Eugène Scribe, Alexandre Dumas (père)[3], Théophile Gautier[4] und Félix Pyat[5]. Nach eigenen Angaben verfasste Börnstein[6] 50 Übersetzungen, nachweisen lassen sich nur etwas mehr als 30, einige blieben vermutlich ungedruckt.[7] Die Übersetzungen sind frei bearbeitet und, wie in dem Genre üblich, an deutsche bzw. häufig österreichische Verhältnisse angepasst. Riche d’amour (1845), eine Komödie um Missverständnisse um einen vermuteten Ehebruch von Xavier (Saintine)[8], Duvert[9] und Lauzanne[10], wird beispielsweise vom Schauplatz „Paris chez un restaurateur“ nach Wien versetzt, an die Stelle von Nanterre tritt Wiener Neustadt, die Eaux de Cauterets werden durch den Kurort Bad Ischl ersetzt. Die Figuren müssen folglich umbenannt werden, der Held Pingouin wird zu Rohrhuhn, der Offizier und Ehegatte Vergaville zu Donnersdorf usw. Gelegentlich gestattet sich Börnstein textuelle Beifügungen mit Anspielungen auf lokale Verhältnisse. Wenn die weibliche Hauptfigur Léonie/Leontine Pingouin in einer Konversation lobt: „Décidement, vous êtes très amusant, ce soir“[11], schmückt der Übersetzer den Dialog aus:

Leont. Sie werden ja zum Dichter heute Abend.
Rohrh. Zum Naturdichter, – zum Liebesdichter – ich mache Sonette, Stanzen, Madrigale, Lieder

Leont. Doch keine politischen?
Rohrh. Nein, – die sind mir als Beamter verboten.[12]

Über Sprache funktionierende Komik wird von Börnstein in mehr oder weniger äquivalente Wortspiele und Redewendungen verwandelt, wobei sich bemerkbar macht, dass er an der Alt-Wiener-Volkskomödie geschult war. Wenn der Ehemann Vergaville/Donnersdorf einen Bediensteten fragt „Qu’est-ce que vous dites là?“ (16) und Börnstein hinzufügt: „Was sagst Du da, – elendes Subject?“ (39) oder Rohrhuhn ihn statt mit „brave garçon“ (11) mit „Edler Oberkellner. Humanes Bedienungs-Individuum“ (29) anspricht, erinnern die Formulierungen stark an Johann Nestroys Stil.[13]

Quellen und externe Links

Bibliografie

  • Bachleitner, Norbert: Heinrich Börnstein als Übersetzer und Vermittler französischer Lustspiele. In: Übersetzen im Vormärz. Hg. v. Bernd Kortländer und Hans T. Siepe. Bielefeld: Aisthesis 2008, S. 27–45.
  • Börnstein, Heinrich: Fünfundsiebzig Jahre in der Alten und Neuen Welt. Memoiren eines Unbedeutenden. 2 Bde. Leipzig: O. Wigand 1881.
  • Duvert, Félix-Auguste, Xavier-Boniface Saintine, und Augustin Théodore de Lauzanne de Vauroussel: Riche d’amour, comédie-vaudeville en un acte. Paris: Beck 1845a.
  • Duvert, Félix-Auguste, Xavier-Boniface Saintine, und Augustin Théodore de Lauzanne de Vauroussel: Reich an Liebe oder Nur fünf Gulden. Leipzig: Sturm und Koppe 1845b.

Autor

Norbert Bachleitner

Onlinestellung: 09/12/2025