Die französiche Besetzung von Wien 1805/1806 und 1809
Während der Zeit der Napoleonischen Kriege besetzten französische Truppen zweimal, in den Jahren 1805 und 1809, die kaiserliche Haupt- und Residenzstadt Wien. Napoleon schlug dabei sein Quartier im Schloss Schönbrunn auf, das auch Schauplatz eines misslungenen Anschlages auf sein Leben war.
1805/1806
Der Beitritt Österreichs zum englisch-russisch-schwedischen Bündnis gegen Frankreich im Rahmen des Dritten Koalitionskrieges am 9. August 1805 veranlasste Frankreich, der Habsburgermonarchie am 23. September den Krieg zu erklären. Am 20. Oktober wurde die kaiserliche Armee unter Feldmarschallleutnant Karl Mack von Leiberich[1] bei Ulm zur Kapitulation und zum Rückzug entlang der Donau gezwungen, dicht gefolgt von den Franzosen. Da die aus Italien und Tirol zurückbeorderten kaiserlichen Truppen zu spät kamen, um Napoleon am Vorstoß über Linz nach Wien zu hindern, begann sich die kaiserliche Haupt- und Residenzstadt, auf eine Besetzung vorzubereiten. Kaiser Franz II. (I.)[2] (nach der Annahme des Titels eines erblichen Kaisers von Österreich 1804 und der Niederlegung der Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahr 1806 regierte Franz als Kaiser Franz I. von Österreich) verließ die Stadt gemeinsam mit seiner Familie und zahlreichen Adeligen in Richtung Ungarn, um sich vor den herannahenden Franzosen in Sicherheit zu bringen.
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Johann Andreas Ziegler, Einzug der Franzosen in Wien am 13. November 1805
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Unbekannt, Entrée Triomphale de la Grande Armée Française ..., 1805
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François Pigeot, Einzug der französischen Truppen in Wien am 14. November 1805

Nach kleineren Gefechten auf dem Vormarsch erreichten die ersten französischen Truppen unter Marschall Joachim Murat[3] bereits am 12. November die Vororte Wiens und besetzten die Stadt am folgenden Tag, ohne auf Gegenwehr zu stoßen, nachdem sie sich unter Vortäuschung eines Waffenstillstandes kampflos der Taborbrücke bemächtigt hatten. Die Feindseligkeit der Wiener Bevölkerung schlug spontan in Neugier – bisweilen sogar in Sympathie – um; tausende Wiener wohnten dem Einzug der Franzosen bei und bildeten ein dichtes Spalier.
Napoleon traf am 14. November in Wien ein und begab sich nach Schloss Schönbrunn, um dort für kurze Zeit Quartier zu beziehen. Dort empfing er auch eine aus Vertretern der Stände und des Wiener Magistrats unter Bürgermeister Stephan Edlen von Wohlleben[4] zusammengesetzte Delegation.

General Henry Jacques Clarke[5], der spätere Kriegsminister – er residierte in der Wiener Hofburg –, wurde zum Generalgouverneur Österreichs proklamiert, General Pierre Augustin Hulin[6] zum Stadtkommandanten von Wien. Im Wiener Rathaus wurden das Verpflegsdepartement der französischen Armee und das Kriegsdepartement der bewaffneten Bürgermiliz untergebracht.
Zwar schlug die Stimmung innerhalb der Wiener Bevölkerung aufgrund der Belastungen durch die Einquartierungen, Requisitionen (vor allem von Lebensmitteln) und Kontributionen bald in Ablehnung um, aber im Großen und Ganzen verlief das Zusammenleben der Bevölkerung mit der Besatzungsmacht weitgehend friedlich; Exzesse vonseiten der französischen Soldaten wurden hart bestraft.
Napoleon beließ sowohl die von Kaiser Franz eingesetzte Hofkommission unter dem Grafen Rudolf von Wrbna[7] als auch die Wiener Bürgermiliz – ein 10.000 Mann starkes bewaffnetes Korps –, die nach dem Abmarsch der Franzosen Richtung Austerlitz den Ordnungsdienst übernahm. Die in Wien verbliebenen Gelder der Stadtkasse, der Bankozettel-Hauptkasse und der kaiserlichen Kassen sowie die Bestände des Kaiserlichen Zeughauses, vor allem die Artillerie, wurden von den Franzosen ebenso requiriert wie 150.000 Paar Schuhe, 6.000 Sättel, Verbandsmaterial sowie Pulver- und Munitionsvorräte, die Richtung Norden abtransportiert wurden.

In der (Drei-Kaiser-)Schlacht bei Austerlitz am 2. Dezember feierte Napoleon einen entscheidenden Sieg über die verbündeten Russen und Österreicher und zwang die Russen zum sofortigen Abzug. Die Verletzten beider Seiten wurden nach dem Ende der Schlacht nach Wien gebracht, wo sie – egal ob Freund oder Feind – von österreichischen und französischen Ärzten behandelt und mit Verbandsmaterial, das von der Wiener Bevölkerung in großer Zahl abgegeben wurde, versorgt wurden.
Napoleon selbst bezog während der Friedensverhandlungen von 12. bis 27. Dezember erneut Quartier in Schönbrunn und schloss dort am 15. Dezember 1805 einen „Freundschaftsvertrag“ mit dem neutral gebliebenen Preußen (vertreten durch den preußischen Diplomaten Christian Haugwitz), das nun außenpolitisch isoliert war; dieser wurde mit einem Konzert im Schlosstheater gebührend gefeiert.
Während seines Aufenthaltes in Wien hielt er in Anwesenheit zahlreicher schaulustiger Wiener eine Musterung der Division St. Hilaire sowie diverse Paraden und Revuen in Schönbrunn ab.
Mit dem zwischen Franz II. und Napoleon geschlossenen Frieden von Pressburg, der zu großen Gebietsverlusten Österreichs (u.a. Tirol und Vorarlberg an Bayern, italienische Gebiete an das Königreich Italien) führte, wurde der Dritte Koalitionskrieg beendet. Napoleon verabschiedete sich am 28. Dezember mit einer Proklamation an die Wiener, am 13. Jänner 1806 verließen die französischen Truppen Wien. Kaiser Franz kehrte am 16. Jänner nach Wien zurück.
1809

Im Jahr 1809 versuchte Österreich (gemeinsam mit Großbritannien, dessen Truppen die Franzosen auf der Iberischen Halbinsel bekämpften), in einem neuerlichen Krieg (Fünfter Koalitionskrieg) die französische Hegemonie durch Entfachung einer „nationalen Erhebung“ in den deutschsprachigen Gebieten zu beenden. Damit verbunden war auch die Aufstellung einer „Landwehr“, eine Art „Volksbewaffnung“ nach französischem Vorbild, die in die militärischen Planungen miteinbezogen werden sollte. Darunter befanden sich auch sechs Bataillone der Wiener Landwehr.


Vor allem der Minister des Äußeren Johann Philipp Graf Stadion[8] beabsichtigte, den Krieg als einen „Vergeltungskrieg“ hochzustilisieren, und setzte eine Reihe von Initiativen, die den Patriotismus der Österreicher entfachen sollte; vor allem die Bewohner Wiens wurden von einer Welle patriotischer Begeisterung erfasst.
Das am 27. März 1809 publizierte „Österreichische Kriegsmanifest“, in dem die deutschen Staaten zum Befreiungskrieg gegen Frankreich aufgerufen wurden, fand allerdings keine Resonanz; Österreich blieb nur der Alleingang. Am 9. April erklärte die Habsburgermonarchie Frankreich den Krieg und begann umgehend mit dem Vormarsch nach Bayern, der allerdings langsam und schleppend verlief. Es fiel Napoleon daher nicht schwer, die Initiative an sich zu reißen und mit lokalen Schwergewichten und raschen Vorstößen die österreichische Hauptarmee bei Regensburg zu zersprengen. Die österreichischen Truppen gerieten nach heftigen Gefechten mit hohen Verlusten in die Defensive. Auf dem Rückzug fügten die Österreicher den Franzosen zwar bei Ebelsberg am 3. Mai erhebliche Verluste zu, wobei sich Wiener Freiwilligenbataillone unter Oberstleutnant Küffel durch besondere Tapferkeit auszeichneten, doch konnten sie deren Vormarsch nach Wien nicht aufhalten.

Wien bereitete sich daher neuerlich auf eine Besetzung vor. Diesmal hatte allerdings der zum Stadtkommandanten ernannte Erzherzog Maximilian d’Este[9] im Namen des Kaisers den überraschenden Befehl ausgegeben, die Stadt Wien zu verteidigen. Aufgrund der Zeitknappheit wurde nur der Hauptwall in Verteidigungszustand versetzt, Geschütze auf den Basteien in Stellung gebracht und wichtige Donaubrücken abgerissen. Die kaiserliche Familie floh gemeinsam mit der Staatsspitze erneut aus der Stadt; große Teile der kaiserlichen Sammlungen, Archive und Staatskassen wurden wie schon 1805 mit Schiffen nach Ungarn verbracht. Während der Wiener Magistrat unter Bürgermeister Stephan Edlen von Wohlleben und die niederösterreichischen Stände sich gegen eine Verteidigung der Stadt aussprachen und auf offenkundige Versäumnisse hinwiesen, etwa in Bezug auf die (mangelnde) Versorgung Wiens mit Lebensmitteln, rüsteten sich die Wiener mit Hamsterkäufen für eine potenzielle länger andauernde Belagerung.
Nach dem Gefecht bei Ebelsberg näherten sich die französischen Truppen rasch der Stadt Wien und standen am 8. Mai bereits vor deren Toren. In der Stadt befanden sich 16.000 verteidigungsbereite Mann – Linientruppen, Landwehr, Bürgermiliz – sowie 1.000 Studenten, einer davon war der Schriftsteller Franz Grillparzer.
Nachdem eine Kapitulationsaufforderung der Franzosen abgelehnt und der im Auftrag von Marschall Lannes[10] als Parlamentär vor das Burgtor geschickte Stabsoffizier Lagrange von ungarischen Husaren verwundet und gefangen genommen worden war, kam es in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai zur Beschießung der Stadt mit französischen Feldgeschützen von den kaiserlichen Stallungen (heute Museumsquartier, 7. Wiener Gemeindebezirk) aus. 20 Tote und 100 Verletzte waren die Folge. Einige Palais und Häuser gingen in Flammen auf, da man es verabsäumt hatte, brennbares Material von den Dachböden zu entfernen. Der Stephansdom und die Marienstatue am Platz Am Hof wurden durch Granatsplitter beschädigt.
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P. Gross & Jakob Gauermann, Les Habitans de Vienne distribuent des secours aux blessés Français qui reviennent par la Land-Strasse, 1809 – 1823
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Unbekannt, "Billet de lit a l'Hospital Militaire de Vienne" (für) Antonio Viela, 1809
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Unbekannt, "Verwundete Franzosen bei der Menage ...", 1809
Als französische Truppen die Stadt umgingen, die Praterauen besetzten und in die Leopoldstadt (heute 2. Wiener Gemeindebezirk) vordrangen, begann Erzherzog Maximilian, nachdem man seiner eindringlichen Bitte um Verstärkung nicht nachgekommen war, aus Furcht davor, abgeschnitten zu werden, am frühen Morgen des 12. mit seinen Soldaten mit dem Rückzug auf die linke Seite der Donau und brannte die Taborbrücke hinter sich ab. Das Stadtkommando übernahm nun General Andreas Graf O’Reilly[11].
Napoleon war in der Zwischenzeit am 10. Mai in Wien angekommen und hatte wie schon 1805 im Schloss Schönbrunn Quartier bezogen. Am 12. begab sich eine Delegation aus Wiener Honoratioren, unter ihnen Bürgermeister Stephan Edler von Wohlleben und Fürsterzbischof Sigismund Anton von Hohenwart[12], und Vertretern der niederösterreichischen Stände zu Napoleon, um mit ihm die Bedingungen für die Übergabe der Stadt auszuhandeln. Noch in der folgenden Nacht wurde die Kapitulation unterzeichnet, und zum zweiten Mal nach 1805 zogen am Morgen des 13. Mai französische Truppen in die Stadt ein.
Der niederösterreichischen Regierung unter ihrem Präsidenten Ferdinand Ernst Graf von Bissingen[13] wurden sofort nach dem Einmarsch sämtliche Kompetenzen entzogen. Die in Wien verbliebenen Polizeibeamten sollten weiterhin Polizeiaufgaben wahrnehmen und die Bürgermiliz den Ordnungsdienst versehen und beruhigend auf das Volk einwirken, unterstanden aber der französischen Besatzung und waren auf deren Wohlwollen und Anordnungen angewiesen.
General Antoine-François Andréossy[14], der von Napoleon zum Generalgouverneur von Wien und Niederösterreich ernannt worden war, befahl die Entwaffnung und Gefangennahme der restlichen österreichischen Besatzung – viele Soldaten waren zuvor mit Zivilkleidern versorgt worden und konnten sich so der Gefangenschaft entziehen – und die Einquartierung der französischen Truppen (Stand am 22. Juli: 42.588 Mann und 9.310 Pferde). Die französische Generalität wurde in den Wiener Adelspalais oder in der Hofburg untergebracht. Die „standesgemäße“ Einquartierung und die Versorgung der Franzosen führten wie schon 1805 angesichts des allgemeinen Mangels an Lebensmitteln und einer damit verbundenen großen Preissteigerung häufig zu Konflikten zwischen Besatzern und der Bevölkerung.
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Unbekannt, Einquartierungsschein für französische Besatzungssoldaten nach Mariahilf, ausgestellt am 22. Juli 1809
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Unbekannt, Einquartierungsschein für französische Besatzungssoldaten in die Vorstadt Wieden, ausgestellt am 1. August 1809
Aufgrund der zahlreichen Klagen über die übertriebenen Forderungen der Franzosen wurde am 19. Juni eine Kundmachung mit der Anordnung des französischen Platz- und Stadtkommandanten Auguste François Mériage (Marriage)[15] betreffend die Verpflegung der einquartierten Truppen veröffentlicht. So erging etwa in der Folge an alle Wiener Bäcker der Befehl, täglich 200 Laib Brot für die Besatzungstruppen zu backen, was diese vor eine enorme Herausforderung stellte und zur Vernachlässigung und mangelnden Versorgung der Wiener Bevölkerung führte. Nach Gewichts- und Qualitätseinbußen kam es bald zu einem regelrechten Mehl- und Brotmangel.
Um die durch den Mangel an Lebensmitteln hervorgerufenen Preistreibereien zu unterbinden, wurden die Preise für Grundnahrungsmittel, Bier, Kerzen und Seifen amtlich festgelegt. Dennoch blühte bald, vor allem aber im Sommer, der Schwarzhandel auf dem Stephansplatz.
Bereits kurz nach dem Einmarsch requirierten französische Kommissäre die städtische Oberkammeramtskassa mit 500.000 Gulden Konventionsmünze und – vermutlich aufgrund einer Denunziation – vier Millionen Gulden (andere Quellen sprechen von zwei bis 14 Millionen) in Bankozetteln, die im Rathaus verwahrt worden waren, ebenso wie die Kassa des Hofkriegsrates mit fünf Millionen Gulden.
Während das französische Oberkommando damit beschäftigt war, sich einen Übergang über die Donau zu erkämpfen, nachdem die Österreicher bei ihrem Rückzug die Brücken über die Donau zerstört hatten, kehrte wenige Tage nach der Kapitulation bereits wieder der Alltag in Wien ein. In den Wiener Theatern wurde wieder gespielt, die Gasthäuser, Cafés und Tanzlokale waren gut besucht – die Cafébetreiber und Gastwirte hatten allerdings dafür zu sorgen, dass von den Gästen keine franzosenfeindlichen Äußerungen kamen. Im Juni wurde vom Franzosen Chretien auf der Burgbastei sogar ein französisches Restaurant eröffnet, das regen Zuspruch unter den Wienern fand.
Am 16. Mai empfing der Komponist Joseph Haydn als letzten Gast vor seinem Tod am 31. Mai in seinem Haus, das Napoleon unter Schutz gestellt hatte, den französischen Husarenhauptmann Clément Soulémy, der ihm eine Arie aus der „Schöpfung“ vorsang. Bei der Trauerfeier zu seinem Gedenken am 15. Juni fanden sich abgesehen von den tausenden Schaulustigen auch prominente französische Besucher wie der Stiefsohn Napoleons und Vizekönig von Italien, Eugène de Beauharnais[16], und der Generalinspekteur der Museen in Paris, Dominique Vivant de Denon[17], in der Schottenkirche ein.
Noch bevor Napoleon den Donauübergang mit seiner Armee abgeschlossen hatte, erlitt er am 21./22. Mai 1809 bei Aspern und Essling (heute 22. Wiener Gemeindebezirk) eine Niederlage gegen die österreichischen Truppen unter Erzherzog Carl[18]. Tausende Verwundete wurden in die Stadt gebracht. Die Kasernen und Spitäler reichten allerdings nicht aus, um alle zu versorgen, obwohl die Wiener Bürger tatkräftig mithalfen. Die Franzosen erhielten in den Spitälern bevorzugte Behandlung. Als die Zahl der französischen Kranken und Blessierten auf 17 bis 18.000 stieg, was nach Aussage französischer Oberärzte auch auf die zahlreichen venerisch und an Diarrhoe erkrankten Franzosen zurückzuführen war, wurden die kranken Österreicher kurzerhand ausquartiert und in schlechter ausgestattete Gebäude verlegt.
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Johann Peter Krafft (1780 –1856): Erzherzog Carl mit seinem Stab in der Schlacht bei Aspern, 1809 (1819)
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Wilhelm Richter (1824 – 1892): Kampf um den Kirchhof von Aspern 1809
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O. Meixner, Angriff französischer leichter Kavallerie auf österreichische Infanterie in der Schlacht bei Aspern 1809, (1813)
Nach der taktischen Niederlage bei Aspern bereitete Napoleon seine Truppen auf der Insel Lobau östlich von Wien für einen zweiten Angriff vor. In der Schlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli 1809 besiegten die durch die Italienarmee unter Eugène de Beauharnais verstärkten Truppen Napoleons die österreichische Armee. Nach diesem Sieg ordnete Napoleon die neuerliche Befestigung Wiens an – zusätzliche Palisaden und Schutzwälle wurden errichtet, 100 Geschütze auf den Stadtmauern aufgestellt und eine Garnison von 6.000 Mann abgestellt. Die Zahl der in Wien befindlichen kranken und verwundeten Soldaten – Franzosen wie Österreicher – stieg auf 36.000.

Am 10. und 11. Juli 1809 kam es zur entscheidenden Schlacht bei Znaim, die mit dem Waffenstillstand vom 22. Juli das Ende des Fünften Koalitionskrieges einleitete. Während seines erneuten Aufenthaltes in Wien hielt Napoleon vormittags des Öfteren in Schönbrunn oder auf der Schmelz (einem Parade- und Exerzierplatz, heute 15. Wiener Gemeindebezirk) Paraden seiner Truppen ab, für die Wiener Bevölkerung stets Spektakel, die zahlreiche Schaulustige anlockten. Bei einer dieser Paraden am 12. Oktober 1809 verübte der 17-jährige Lehrling Friedrich Staps[19], ein Pastorensohn aus Erfurt, einen Attentatsversuch auf Napoleon – er wollte ihn mit einem im Wams versteckten Küchenmesser auf der Ehrenhofstiege des Schlosses Schönbrunn ermorden. Durch die Wachsamkeit eines französischen Offiziers konnte das Attentat verhindert werden. Staps soll daraufhin von Napoleon persönlich verhört worden sein und wurde schließlich durch ein Erschießungskommando der württembergischen Infanterie standrechtlich hingerichtet.
Napoleon, dessen Vorliebe für italienische Opern bekannt war, besuchte mehrmals Opernaufführungen und Konzerte im Schönbrunner Schlosstheater, zu denen auch geladene Gäste Zutritt hatten, darunter die Schriftstellerin und Salonnière Caroline Pichler. Meist wurde allerdings nur ein Akt aufgeführt, gefolgt von einem Ballett. Die Akteure wurden von ihm stets reichlich beschenkt, auch wenn ihm ein Stück nicht gefiel.
Der bereits erwähnte Generalinspekteur der Museen in Paris, Dominique Vivant de Denon, war im Auftrag Napoleons nach Wien gekommen, um eine Auswahl von Gemälden aus der kaiserlichen Bildergalerie im Belvedere und aus adeligen Kollektionen sowie von Manuskripten und Büchern aus der Hofbibliothek vorzunehmen, die Napoleon dann nach Paris verbringen ließ. Das Kaiserliche Zeughaus wurde zum zweiten Mal Opfer einer organisierten Plünderung – 140, zum Teil sehr wertvolle, Harnische wurden abtransportiert –, nur ein kleiner Teil wurde nach 1815 retourniert. 1809 wurde aber auch das Bürgerliche Zeughaus geplündert und verlor fast den gesamten Artilleriebestand.
Am 15. August wurde der 40. Geburtstag Napoleons zu einem großen Ereignis. Um 9 Uhr fand eine große Parade in Schönbrunn statt; gleichzeitig wurden von den Stadtmauern 60 Kanonenschüsse abgegeben und alle Glocken geläutet. Generalmajor Ferdinand Graf von Bubna und Littitz[20] überbrachte als Abgesandter des Kaisers die Glückwünsche Kaiser Franzʼ I. Gegen 16 Uhr fand in dem mit historischen Gobelins geschmückten Stephansdom eine feierliche Messe statt, an der Napoleon allerdings nicht persönlich teilnahm und stattdessen seinen Stiefsohn Eugène de Beauharnais entsandte. Um 17 Uhr gab Gouverneur Andréossy ein Bankett für 200 Personen in der Hofburg, zu dem neben den französischen Marschällen und Generälen auch österreichische Adelige und die Honoratioren der Stadt sowie die österreichischen Friedensunterhändler eingeladen waren. Die Bürger wurden mittels öffentlichem Anschlag (Befehl des Generalgouverneurs) aufgefordert, ihre Häuser am Abend des 15. zu beleuchten. Im Augarten (historischer Garten aus dem 17. und 18. Jahrhundert im heutigen zweiten Wiener Gemeindebezirk) wurden Tische und Bänke für die Ausspeisung von rund 1.000 französischen Soldaten aufgestellt. Feuerwerke und Konzerte machten das Geburtstagsfest zu einem Spektakel.
Der Friede von Schönbrunn vom 14. Oktober 1809 brachte neuerlich weitreichende Gebietsverluste für Österreich. Die von Napoleon geforderte Kriegsentschädigung wurde mit 85 Millionen Francs festgesetzt, was die Habsburgermonarchie letztlich 1813 in den Staatsbankrott treiben sollte.
Bereits am folgenden Tag reiste Napoleon von Schönbrunn ab. Seine Truppen verblieben noch bis Mitte November in Wien. Wenige Wochen vor ihrem Abzug sprengten die Franzosen noch einen Teil der Wiener Stadtbefestigungen, von denen 1816/1817 nur die Mölker-, Löwel- und Augustinerbastei wiederaufgebaut wurden.
Am 26. November rückten die österreichischen Truppen wieder in Wien ein, einen Tag später zog Kaiser Franz, unter dem Jubel der Wiener Bevölkerung und in Begleitung der Bürgerkavallerie, feierlich in die Stadt ein.
Quellen und externe Links
- ↑ https://www.gedaechtnisdeslandes.at/personen/person/mack-von-leiberich
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Franz_II._(I.)
- ↑ https://www.deutsche-biographie.de/sfz37268.html
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Stephan_von_Wohlleben
- ↑ https://d-nb.info/gnd/116530278
- ↑ https://d-nb.info/gnd/1032277858
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Rudolf_von_Wrbna
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Johann_Philipp_Karl_Stadion_von_Warthausen
- ↑ https://www.biographien.ac.at/oebl_6/168.pdf
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Jean_Lannes
- ↑ http://www.literature.at/viewer.alo?objid=11773&page=90&scale=3.33&viewmode=fullscreen
- ↑ https://www.gedaechtnisdeslandes.at/personen/person/hohenwart
- ↑ https://www.biographien.ac.at/oebl_1/88.pdf
- ↑ https://d-nb.info/gnd/116309784
- ↑ https://www.archives18.fr/espace-culturel-et-pedagogique/expositions-virtuelles/xixe-siecle/1814-1827--a-madame-la-baronne-de-meriage-au-chateau-de-la-maisonfort-pres-vierzon
- ↑ https://d-nb.info/gnd/118727834
- ↑ https://www.inha.fr/dictionnaire-critique-des-historiens-de-lart-actifs-en-france-de-la-revolution-a-la-premiere-guerre-mondiale/denon-dominique-vivant-inha/
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Karl_von_%C3%96sterreich-Teschen
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Friedrich_Staps
- ↑ https://www.biographien.ac.at/oebl_1/122.pdf
Bibliografie
- Bled, Jean-Paul: Wien. Residenz – Metropole – Hauptstadt. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2002, S. 85–91.
- Ma, Klaralinda: Wien 1809. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien, 2009 (Wiener Geschichtsblätter Beiheft 2).
- Öhlinger, Walter: Wien im Aufbruch zur Moderne. Wien: Pichler1999, S. 9–17.
- Plischnack, Alfred: „Vive lʼempereur, weilʼs sein muß“. Geschichte in Quellen und Zeitzeugenberichten. Wien-Leipzig-Zürich: Amalthea 1999.
- Plischnack, Alfred: Napoleon vor Wien. Quellen und Augenzeugenberichte, mit Dokumenten. Wien-Leipzig-Zürich: Amalthea 2000.
- Plischnack, Alfred: Gott erhalte! Wendepunkt 1809 – Österreichs Sieg über Napoleon. Augenzeugen berichten die wahre Geschichte von 1805 bis 1815. Wien: Stöhr 2009.
- Sachslehner, Johannes: Napoleon in Wien. Fakten und Legenden. Wien-Graz-Klagenfurt: Pichler 2008.
- Schembor, Friedrich Wilhelm: Franzosen in Wien: Einwanderer und Besatzer. Französische Revolution und napoleonische Besatzung in den österreichischen Polizeiakten. Bochum: Dieter Winkler 2012.
Autor
Claudia Reichl-Ham
Onlinestellung: 18/02/2025