Franz August von Kurländer

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Franz August von Kurländer (eigentl. Kurländer von Kornfeld, * 26. November 1777, † 4. September 1836) war ein österreichischer Dramatiker, der neben eigener schriftstellerischer Tätigkeit vor allem als Übersetzer und Bearbeiter französischer Theaterstücke auf den deutschsprachigen Bühnen bekannt war.

Kurländers Übersetzertätigkeit

Franz August von Kurländer trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien im Jahre 1800 seinen Dienst als Beamter der Niederösterreichischen Landesregierung an, zunächst als Auskulant beim Niederösterreichischen Landrecht, ab 1805 in der Funktion eines Ratsprotokollisten, und ab 1811 war er als Ratssekretär tätig. Ähnlich wie sein Zeitgenosse Ignaz Franz Castelli begann er sehr früh, sich schriftstellerisch zu betätigen, wobei er sich rasch dem einträglichen Geschäft der Übersetzung und Bearbeitung vornehmlich französischer Bühnenwerke zuwandte.

Erste vermeintlich eigene Theatertexte fanden nämlich bei der Kritik eher wenig Gefallen, so das Lustspiel Liebhaber und Geliebte in einer Person (Uraufführung am Wiener Burgtheater am 23. August 1813), wo „ein nicht gehaltener Styl, und hie und da Gemeinheiten oder Schwulst[1]“ bemängelt wurden. Mehr Erfolg hatte Kurländer mit seinen Bearbeitungen von über 100 Theaterstücken, die zum Teil sehr erfolgreich auf den Wiener Bühnen aufgeführt und in Folge in Graz, Brünn, Leipzig und Prag ebenfalls gespielt wurden. Die Wirksamkeit seiner Übersetzungen und Bearbeitungen unterstützte Kurländer aber auch zusätzlich durch die langjährige Herausgabe seiner Theatertexte in dem von 1811 bis 1818 publizierten Almanach dramatischer Spiele für Gesellschaftstheater, dem er von 1819 bis zu seinem Tod im Jahr 1836 das Reihenwerk Lustspiele oder dramatischer Almanach folgen ließ.

Bei seiner Übersetzungstätigkeit fügte sich Kurländer generell in die allgemein gültige Arbeitsweise der österreichischen Übersetzer ein. Eigenmächtige Eingriffe in den Handlungsablauf finden ebenso zahlreich statt wie Veränderungen der Personencharakterisierung, zumal Kurländer auch im Vorwort zum Almanach von 1829 als Hauptkritikpunkt seiner Vorlagen „den Mangel an Motiven und die wenige Haltung der Charaktere“ nennt. Ähnlich wie sein Kollege Hermann Josef Herzenskron war er ein eifriger Bearbeiter von Eugène Scribes Theaterstücken, wobei er Scribes eher nüchtern und zurückhaltende Dialoge in seinen rund 25 Bearbeitungen durch gefühlsmäßig stark gefärbte Äußerungen veränderte und die Figurenreden dadurch sehr pathetisch, mitunter schwülstig wirkten. Frömmigkeit bei der Personencharakterisierung wurde von Kurländer durchgängig und bewusst zur Affektsteigerung der Texte eingesetzt, da es ihm wichtig war, die Personen „als Menschen mit menschlichen Schwächen zu schildern, nicht als Geburten der Phantasie[2].“ Gerechtfertigt wurden diese mitunter sehr eigenmächtige Eingriffe, die alle dem Prinzip der allgemein herrschenden Tendenz des einbürgernden Übersetzens folgten, durch den Unterschied zwischen französischem und deutschsprachigem Publikum, welches realitätsnähere Figuren wünschte und das Theater vornehmlich als einen „Unterhaltungsort“ erachtete. Die zahlreichen meist positiven Rezensionen zu seinen Bearbeitungen gaben Kurländer offenbar Recht, denn es wurden oft seine Dialogführung und die Personencharakterisierung lobend hervorgehoben[3]. Von dem Vorwurf des „literarischen Freybeuters“, der sich ohne Nennung fremder Stoffe bediente, wurde er freigesprochen[4]. Auch seine Schwägerin Caroline Pichler strich in ihrem Nekrolog auf Kurländer seine einbürgernde Übersetzungsweise als besonderes Qualitätsmerkmal und Grund seines langjährigen Erfolges hervor: „[...] die sinnige Weise, Erzeugnisse eines fremden Bodens auf die heimatliche Erde zu verpflanzen, daß sie weder in Farbe noch Haltung ihren ausländischen Ursprung verrathen, dürfte vielleicht in der Folge als Vorbild dienen.[5]

Unter den Zeitgenossen aus der Theaterwelt gab es allerdings auch so manche harsche Kritik, so beispielsweise von dem Schauspieler und Regisseur Carl Ludwig Costenoble,[6] wenn dieser meinte, „Kurländer gefällt sich nun einmal in langen Wasserbrühen über französische Speisen.[7]“ Auch wenn sich Kurländer selbst von der Arbeitsweise seiner Kollegen wie zum Beispiel von Castelli zu distanzieren versuchte[8], stand er zweifelsohne ganz „im Dienste der kommerziellen Aufrechterhaltung des Theaterbetriebes des Biedermeier.[9]

Quellen und externe Links

  1. Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Nr. 136 v. 26. August 1813: 544
  2. Vorerinnerung im Almanach von 1829
  3. Vgl. Rezension zu der Bearbeitung Jenny nach Pelletier-Vollméranges in der Theater-Zeitung, Nr. 15 v. 4. Februar 1813
  4. Theater-Zeitung, Nr. 4 v. 13. Jänner 1816
  5. Allgemeine Theaterzeitung, Nr. 181 v. 9. September 1836
  6. https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carl_Ludwig_Costenoble
  7. Costenoble 1889, Bd. 2: 72
  8. Vgl. Vorwort im Almanach von 1834
  9. Tumfart 2012: 162

Bibliografie

  • Costenoble, Carl Ludwig: Aus dem Burgtheater. Tagebuchblätter. 1818–1837. 2 Bände. Wien: Konegen 1889.
  • Goedeke, Karl: Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. Band XI/2. (2., ganz neu bearb. Aufl.). Düsseldorf: Ehlermann 1953 (unveränderter Nachdruck: Berlin: Akademie-Verlag 2011), S. 241–250.
  • Kurländer, Franz August von: Almanach Dramatischer Spiele für Gesellschaftstheater. Jahrgang 1–8, Wien u. Triest: Geistinger 1811–1818.
  • Kurländer, Franz August von: Lustspiele oder dramatischer Almanach. Jahrgang 9–27. Leipzig: Baumgärtner 1819–1837 (fortgesetzt nach Kurländers Tod von Karl Wilhelm Koch, Jahrgang 23–31, Leipzig: Baumgärtner 1838–1841).
  • Pichler, Caroline: Franz August Kurländer. Nekrolog. In: Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselliges Leben. Nr. 181 vom 9. September 1836.
  • Ruprecht, Hans-George: Theaterpublikum und Textauffassung. Eine textsoziologische Studie zur Aufnahme und Wirkung von Eugène Scribes Theaterstücken im deutschen Sprachraum (= Kanadische Studien zur deutschen Sprache und Literatur Nr. 14). Frankfurt/Main und München: Peter Lang 1976.
  • Sterbebuch, 03-04, 01., Am Hof: https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/01-am-hof/03-04/?pg=13 (abgerufen am 5. Mai 2025).
  • Taufbuch, 01-094, 01., Dom- und Metropolitanpfarre St. Stephan: https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/01-st-stephan/01-094/?pg=163 (abgerufen am 5. Mai 2025).
  • Tumfart, Barbara: Eugène Scribes Theater im Taumel der Gefühle. Emotionen in deutschsprachigen Übersetzungen des 19. Jahrhunderts. In: Nestroyana 32 (2012), S. 146–162.
  • Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Nr. 136 vom 26. August 1813, S. 544.
  • Theater-Zeitung, Nr. 15 vom 4. Februar 1813.

Autorin

Barbara Tumfart

Onlinestellung: 08/05/2025