Helene Funke: Unterschied zwischen den Versionen

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==Biografie==
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[[Datei:486-Funke.jpg|thumb|left|Helene Funke, ''In der Loge'' 1907]] Helene Funke wurde als das zweite von fünf Kindern des Kaufmanns Hermann Funke und seiner Ehefrau Auguste Amalie Eleonore Helene Maria geb. Freiin d’Orville von Löwenclau in Chemnitz geboren. Über ihr Leben ist nur wenig bekannt, da die meisten persönlichen Dokumente während des Zweiten Weltkrieges zerstört wurden oder verloren gingen. Erst mit 30 Jahren begann sie ihre künstlerische Laufbahn. Sie studierte privat bei Friedrich Fehr<ref>https://www.deutsche-biographie.de/sfz69763.html</ref> und von 1899 bis 1901 an der Damen-Akademie des Künstlerinnen-Vereins bei Angelo Jank<ref>https://d-nb.info/gnd/117078778</ref> in München<ref>Funke 2007, 25</ref>. Zwischen 1905 und spätestens 1913 lebte sie in Frankreich, zeitweise zusammen mit ihrer Malerkollegin und Freundin Martha Hofrichter<ref>https://www.oxfordartonline.com/benezit/display/10.1093/benz/9780199773787.001.0001/acref-9780199773787-e-00088664</ref>. In Paris stand sie in Kontakt mit fauvistischen Künstlern, wahrscheinlich auch mit [[Henri Matisse]], obzwar Belege für eine Freundschaft zu diesem fehlen<ref>Funke 2007, 30</ref>. 1906/07 wohnte Funke in der Rue de Fleurus 27, im selben Haus wie Leo<ref>https://d-nb.info/gnd/119365081</ref> und Gertrude Stein<ref>https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/gertrude-stein</ref>, deren literarischer Salon ein wichtiger Treffpunkt der künstlerischen Avantgarde war<ref>Sagner 2018, 18</ref>.
[[Datei:486-Funke.jpg|thumb|left|Helene Funke, ''In der Loge'' 1907 / Lentos Museum] Helene Funke wurde als das zweite von fünf Kindern des Kaufmanns Hermann Funke und seiner Ehefrau Auguste Amalie Eleonore Helene Maria geb. Freiin d’Orville von Löwenclau in Chemnitz geboren. Über ihr Leben ist nur wenig bekannt, da die meisten persönlichen Dokumente während des Zweiten Weltkrieges zerstört wurden oder verloren gingen. Erst mit 30 Jahren begann sie ihre künstlerische Laufbahn. Sie studierte privat bei Friedrich Fehr<ref>https://www.deutsche-biographie.de/sfz69763.html</ref> und von 1899 bis 1901 an der Damen-Akademie des Künstlerinnen-Vereins bei Angelo Jank<ref>https://d-nb.info/gnd/117078778</ref> in München<ref>Funke 2007, 25</ref>. Zwischen 1905 und spätestens 1913 lebte sie in Frankreich, zeitweise zusammen mit ihrer Malerkollegin und Freundin Martha Hofrichter<ref>https://www.oxfordartonline.com/benezit/display/10.1093/benz/9780199773787.001.0001/acref-9780199773787-e-00088664</ref>. In Paris stand sie in Kontakt mit fauvistischen Künstlern, wahrscheinlich auch mit [[Henri Matisse]], obzwar Belege für eine Freundschaft zu diesem fehlen<ref>Funke 2007, 30</ref>. 1906/07 wohnte Funke in der Rue de Fleurus 27, im selben Haus wie Leo<ref>https://d-nb.info/gnd/119365081</ref> und Gertrude Stein<ref>https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/gertrude-stein</ref>, deren literarischer Salon ein wichtiger Treffpunkt der künstlerischen Avantgarde war<ref>Sagner 2018, 18</ref>.


Im Pariser ''Salon des Indépendants'' stellte sie 1907, 1910 und 1911 aus. 1907 und 1908 zeigte sie ihre Werke im ''Salon d’Automne'' im Grand Palais des Champs-Élysées. Während ihrer Zeit in Frankreich waren Funkes Werke auch in Ausstellungen in Deutschland zu sehen<ref>Funke 2007, 57–61</ref>: 1904 nahm sie an der Großen Berliner Akademie-Ausstellung teil, 1906 und 1907 war sie drei Mal im Kunstverein Hamburg vertreten. Außerdem war sie in der Eröffnungsausstellung des König-Albert-Museums in Chemnitz im Jahr 1909 präsent. 1910 stellte die Künstlerin in der dritten Graphischen Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Hamburg aus. Im selben Jahr waren ihre Werke im Kunstverein Dresden zu sehen. 1912 beteiligte sie sich an der großen Kunstausstellung in Dresden. Im selben Jahr stellte Funke im Deutschen Künstlerbund in der Kunsthalle Bremen aus. 1913 folgte eine Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in der Kunsthalle Mannheim, an der sich die Künstlerin ebenfalls beteiligte.
Im Pariser ''Salon des Indépendants'' stellte sie 1907, 1910 und 1911 aus. 1907 und 1908 zeigte sie ihre Werke im ''Salon d’Automne'' im Grand Palais des Champs-Élysées. Während ihrer Zeit in Frankreich waren Funkes Werke auch in Ausstellungen in Deutschland zu sehen<ref>Funke 2007, 57–61</ref>: 1904 nahm sie an der Großen Berliner Akademie-Ausstellung teil, 1906 und 1907 war sie drei Mal im Kunstverein Hamburg vertreten. Außerdem war sie in der Eröffnungsausstellung des König-Albert-Museums in Chemnitz im Jahr 1909 präsent. 1910 stellte die Künstlerin in der dritten Graphischen Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Hamburg aus. Im selben Jahr waren ihre Werke im Kunstverein Dresden zu sehen. 1912 beteiligte sie sich an der großen Kunstausstellung in Dresden. Im selben Jahr stellte Funke im Deutschen Künstlerbund in der Kunsthalle Bremen aus. 1913 folgte eine Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in der Kunsthalle Mannheim, an der sich die Künstlerin ebenfalls beteiligte.
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[[Datei:6221.jpg|thumb||Helene Funke, ''Träume'' 1913. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien]]Warum Funke vom avantgardistisch geprägten Paris zwischen 1911 und 1913 ins konservativere Wien übersiedelt, ist unbekannt. Möglicherweise motivierte sie Martha Hofrichter zum Umzug, da beide Künstlerinnen zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung der Bildenden Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) zählten<ref>Nowak-Thaller 2019, 128</ref>. Jedenfalls stellten sie schon in der ersten Ausstellung des Vereins „Die Kunst der Frau“ 1910 in der [[Wiener Secession]] aus. 1911 zeigte Funke 19 Werke in der Ausstellung der VBKÖ in der vom [[Hagenbund]] gemieteten Zedlitzhalle. 1917 beteiligte sie sich an der Ausstellung, die die Föreningen Svenska Konstnärinnor und die VBKÖ gemeinsam in der Liljevalchs Konsthall in Stockholm veranstalteten. Hier war sie mit über 30 Werken vertreten und zeigte unter anderem ihr Gemälde „Drei Frauen“ (1915). Die drei Dargestellten halten eine Schale, ein Glas, sowie Blumen, die als Symbole für das weibliche Geschlecht gedeutet werden können und hier in beinahe ironischer Weise präsentiert werden. Die Verwendung dieser Symbolik ist bereits bei Paula Modersohn-Beckers<ref>https://www.dhm.de/lemo/biografie/paula-modersohn-becker</ref> „Figurenkomposition (Selbstbildnis)“ (um 1907) zu sehen<ref>Plakolm-Forsthuber 1994, 131</ref>. Die Identität dieser drei Dargestellten ist ungeklärt. Möglicherweise ist es ein und dieselbe Frau in den drei Lebensaltern. Elisabeth Nowak-Thaller weist auf die Ähnlichkeit der rechts dargestellten Frau mit der Konzertsängerin und Malerin Claudia Ruth Wenger<ref>https://d-nb.info/gnd/117285986</ref> hin, die zwischen 1924 und 1927 mit Hermann Hesse<ref>https://www.onb.ac.at/sammlungen/literaturarchiv/bestaende/personen/hesse-hermann-1877-1962/</ref> verheiratet und gleichzeitig mit Karl Hofer<ref>https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4025397/in/sikart/</ref> liiert war<ref>Nowak-Thaller 2019, 126</ref>. Bekannt war Funke nicht nur mit Hermann Hesse , sondern auch befreundet mit Ninon Dolbin<ref>https://www.deutsche-biographie.de/118550438.html</ref>, dessen späterer dritter Ehefrau<ref>Nowak-Thaller 2019, 129</ref>.
[[Datei:6221.jpg|thumb||Helene Funke, ''Träume'' 1913. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien]]Warum Funke vom avantgardistisch geprägten Paris zwischen 1911 und 1913 ins konservativere Wien übersiedelt, ist unbekannt. Möglicherweise motivierte sie Martha Hofrichter zum Umzug, da beide Künstlerinnen zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung der Bildenden Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) zählten<ref>Nowak-Thaller 2019, 128</ref>. Jedenfalls stellten sie schon in der ersten Ausstellung des Vereins „Die Kunst der Frau“ 1910 in der [[Wiener Secession]] aus. 1911 zeigte Funke 19 Werke in der Ausstellung der VBKÖ in der vom [[Hagenbund]] gemieteten Zedlitzhalle. 1917 beteiligte sie sich an der Ausstellung, die die Föreningen Svenska Konstnärinnor und die VBKÖ gemeinsam in der Liljevalchs Konsthall in Stockholm veranstalteten. Hier war sie mit über 30 Werken vertreten und zeigte unter anderem ihr Gemälde „Drei Frauen“ (1915). Die drei Dargestellten halten eine Schale, ein Glas, sowie Blumen, die als Symbole für das weibliche Geschlecht gedeutet werden können und hier in beinahe ironischer Weise präsentiert werden. Die Verwendung dieser Symbolik ist bereits bei Paula Modersohn-Beckers<ref>https://www.dhm.de/lemo/biografie/paula-modersohn-becker</ref> „Figurenkomposition (Selbstbildnis)“ (um 1907) zu sehen<ref>Plakolm-Forsthuber 1994, 131</ref>. Die Identität dieser drei Dargestellten ist ungeklärt. Möglicherweise ist es ein und dieselbe Frau in den drei Lebensaltern. Elisabeth Nowak-Thaller weist auf die Ähnlichkeit der rechts dargestellten Frau mit der Konzertsängerin und Malerin Claudia Ruth Wenger<ref>https://d-nb.info/gnd/117285986</ref> hin, die zwischen 1924 und 1927 mit Hermann Hesse<ref>https://www.onb.ac.at/sammlungen/literaturarchiv/bestaende/personen/hesse-hermann-1877-1962/</ref> verheiratet und gleichzeitig mit Karl Hofer<ref>https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4025397/in/sikart/</ref> liiert war<ref>Nowak-Thaller 2019, 126</ref>. Bekannt war Funke nicht nur mit Hermann Hesse , sondern auch befreundet mit Ninon Dolbin<ref>https://www.deutsche-biographie.de/118550438.html</ref>, dessen späterer dritter Ehefrau<ref>Nowak-Thaller 2019, 129</ref>.


[[Datei:469-Funke.jpg|thumb|left|Helene Funke, ''Drei Frauen'' 1915]]1918 war Helene Funke eine der Mitbegründerinnen der radikal-expressionistischen Künstlergruppe Bewegung. Eines ihrer Hauptwerke, „Träume“ (1913), wurde im selben Jahr in der ersten Ausstellung der Vereinigung, die in den Räumen des Wiener Kunstauktionshauses Kende stattfand, gezeigt. 1919 nahm sie an der Ausstellung der Freien Vereinigung teil, die im Rahmen der 54. Secessionsausstellung stattfand<ref>Funke 2007, 32</ref>.
[[Datei:469-Funke.jpg|thumb|left|Helene Funke, ''Drei Frauen'' 1915 / Lentos Museum]]1918 war Helene Funke eine der Mitbegründerinnen der radikal-expressionistischen Künstlergruppe Bewegung. Eines ihrer Hauptwerke, „Träume“ (1913), wurde im selben Jahr in der ersten Ausstellung der Vereinigung, die in den Räumen des Wiener Kunstauktionshauses Kende stattfand, gezeigt. 1919 nahm sie an der Ausstellung der Freien Vereinigung teil, die im Rahmen der 54. Secessionsausstellung stattfand<ref>Funke 2007, 32</ref>.


1920 kaufte das Österreichische Ministerium für Inneres und Unterricht Funkes im Vorjahr entstandenes Gemälde Musik an, welches heute als verschollen gilt. 1923 stellte sie Oskar Laske als einzige Künstlerin auf dem monumentalen Ölbild „Das Narrenschiff“ (Belvedere, Wien) dar. 1925 nahm Funke an der Kunstschau Wien teil<ref>Nowak-Thaller 2019, 128</ref>. 1927/1928 war sie an der Ausstellung der Wiener Frauenkunst im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie beteiligt.
1920 kaufte das Österreichische Ministerium für Inneres und Unterricht Funkes im Vorjahr entstandenes Gemälde Musik an, welches heute als verschollen gilt. 1923 stellte sie Oskar Laske als einzige Künstlerin auf dem monumentalen Ölbild „Das Narrenschiff“ (Belvedere, Wien) dar. 1925 nahm Funke an der Kunstschau Wien teil<ref>Nowak-Thaller 2019, 128</ref>. 1927/1928 war sie an der Ausstellung der Wiener Frauenkunst im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie beteiligt.

Version vom 20. Februar 2025, 17:13 Uhr

Helene Funke

Die Malerin und Grafikerin Helene Funke (*3. September 1869 in Chemnitz (Sachsen), † 31. Juli 1957 in Wien) lebte zwischen 1905 und 1913 in Paris[1]. Während ihre künstlerischen Anfänge noch stark durch die tonige Münchener Landschaftsmalerei beeinflusst sind, wendete sie sich in Paris der Malerei der Fauve zu, die ihr weiteres Werk prägen sollte. Funkes Rezeption der französischen Avantgarde ist ein hervorragendes Beispiel für den Kulturtransfer zwischen Paris und Wien. Jedoch standen zeitgenössische Kunstkritiker wie Arthur Roessler[2] oder Adalbert Franz Seligmann[3] ihrer bunten, fauvistischen Malerweise skeptisch gegenüber[4]. Der mit Funke befreundete Kunsthistoriker Hans Tietze[5] wiederum erkannte das Potential der modernen Künstlerin[6]. Bemerkenswert ist ihre rege Ausstellungstätigkeit bis in die 1930er Jahre. In ihren Werken beschäftigte sie sich immer wieder mit emanzipatorischen Themen. Ihre Logenbilder, in denen sie sich mit der Rolle der Frau in der Öffentlichkeit auseinandersetzte, sind möglicherweise in Reaktion auf Pierre Auguste Renoirs oder Mary Cassatts[7] Gemälde entstanden[8]. Ihre grafischen Arbeiten zeigen mitunter erotische Themen. Funkes Stillleben können als Experimente mit Form und Farbe verstanden werden und machen die Malerin zur wesentlichen Vorfahrin für die abstrakte Malerei[9].

Biografie

[[Datei:486-Funke.jpg|thumb|left|Helene Funke, In der Loge 1907 / Lentos Museum] Helene Funke wurde als das zweite von fünf Kindern des Kaufmanns Hermann Funke und seiner Ehefrau Auguste Amalie Eleonore Helene Maria geb. Freiin d’Orville von Löwenclau in Chemnitz geboren. Über ihr Leben ist nur wenig bekannt, da die meisten persönlichen Dokumente während des Zweiten Weltkrieges zerstört wurden oder verloren gingen. Erst mit 30 Jahren begann sie ihre künstlerische Laufbahn. Sie studierte privat bei Friedrich Fehr[10] und von 1899 bis 1901 an der Damen-Akademie des Künstlerinnen-Vereins bei Angelo Jank[11] in München[12]. Zwischen 1905 und spätestens 1913 lebte sie in Frankreich, zeitweise zusammen mit ihrer Malerkollegin und Freundin Martha Hofrichter[13]. In Paris stand sie in Kontakt mit fauvistischen Künstlern, wahrscheinlich auch mit Henri Matisse, obzwar Belege für eine Freundschaft zu diesem fehlen[14]. 1906/07 wohnte Funke in der Rue de Fleurus 27, im selben Haus wie Leo[15] und Gertrude Stein[16], deren literarischer Salon ein wichtiger Treffpunkt der künstlerischen Avantgarde war[17].

Im Pariser Salon des Indépendants stellte sie 1907, 1910 und 1911 aus. 1907 und 1908 zeigte sie ihre Werke im Salon d’Automne im Grand Palais des Champs-Élysées. Während ihrer Zeit in Frankreich waren Funkes Werke auch in Ausstellungen in Deutschland zu sehen[18]: 1904 nahm sie an der Großen Berliner Akademie-Ausstellung teil, 1906 und 1907 war sie drei Mal im Kunstverein Hamburg vertreten. Außerdem war sie in der Eröffnungsausstellung des König-Albert-Museums in Chemnitz im Jahr 1909 präsent. 1910 stellte die Künstlerin in der dritten Graphischen Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Hamburg aus. Im selben Jahr waren ihre Werke im Kunstverein Dresden zu sehen. 1912 beteiligte sie sich an der großen Kunstausstellung in Dresden. Im selben Jahr stellte Funke im Deutschen Künstlerbund in der Kunsthalle Bremen aus. 1913 folgte eine Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in der Kunsthalle Mannheim, an der sich die Künstlerin ebenfalls beteiligte.

Helene Funke, Träume 1913. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Warum Funke vom avantgardistisch geprägten Paris zwischen 1911 und 1913 ins konservativere Wien übersiedelt, ist unbekannt. Möglicherweise motivierte sie Martha Hofrichter zum Umzug, da beide Künstlerinnen zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung der Bildenden Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) zählten[19]. Jedenfalls stellten sie schon in der ersten Ausstellung des Vereins „Die Kunst der Frau“ 1910 in der Wiener Secession aus. 1911 zeigte Funke 19 Werke in der Ausstellung der VBKÖ in der vom Hagenbund gemieteten Zedlitzhalle. 1917 beteiligte sie sich an der Ausstellung, die die Föreningen Svenska Konstnärinnor und die VBKÖ gemeinsam in der Liljevalchs Konsthall in Stockholm veranstalteten. Hier war sie mit über 30 Werken vertreten und zeigte unter anderem ihr Gemälde „Drei Frauen“ (1915). Die drei Dargestellten halten eine Schale, ein Glas, sowie Blumen, die als Symbole für das weibliche Geschlecht gedeutet werden können und hier in beinahe ironischer Weise präsentiert werden. Die Verwendung dieser Symbolik ist bereits bei Paula Modersohn-Beckers[20] „Figurenkomposition (Selbstbildnis)“ (um 1907) zu sehen[21]. Die Identität dieser drei Dargestellten ist ungeklärt. Möglicherweise ist es ein und dieselbe Frau in den drei Lebensaltern. Elisabeth Nowak-Thaller weist auf die Ähnlichkeit der rechts dargestellten Frau mit der Konzertsängerin und Malerin Claudia Ruth Wenger[22] hin, die zwischen 1924 und 1927 mit Hermann Hesse[23] verheiratet und gleichzeitig mit Karl Hofer[24] liiert war[25]. Bekannt war Funke nicht nur mit Hermann Hesse , sondern auch befreundet mit Ninon Dolbin[26], dessen späterer dritter Ehefrau[27].

Helene Funke, Drei Frauen 1915 / Lentos Museum

1918 war Helene Funke eine der Mitbegründerinnen der radikal-expressionistischen Künstlergruppe Bewegung. Eines ihrer Hauptwerke, „Träume“ (1913), wurde im selben Jahr in der ersten Ausstellung der Vereinigung, die in den Räumen des Wiener Kunstauktionshauses Kende stattfand, gezeigt. 1919 nahm sie an der Ausstellung der Freien Vereinigung teil, die im Rahmen der 54. Secessionsausstellung stattfand[28].

1920 kaufte das Österreichische Ministerium für Inneres und Unterricht Funkes im Vorjahr entstandenes Gemälde Musik an, welches heute als verschollen gilt. 1923 stellte sie Oskar Laske als einzige Künstlerin auf dem monumentalen Ölbild „Das Narrenschiff“ (Belvedere, Wien) dar. 1925 nahm Funke an der Kunstschau Wien teil[29]. 1927/1928 war sie an der Ausstellung der Wiener Frauenkunst im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie beteiligt.

Helene Funke, Stillleben mit Fasan, Jägerkopf und Hund 1922. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Als erste Frau gewann sie 1928 den Österreichischen Staatspreis für das Gemälde Tobias und der Engel (1927; heute in den Kunstsammlungen Chemnitz). Anfang der 1930er Jahre verarmte Funke durch die Folgen der Inflation und lebte unter dem Existenzminimum in einem kleinen Wohnraum, der ihr zugleich als Atelier diente. Während der Zeit des Nationalsozialismus ging sie in die innere Emigration. Jedoch führten zuvor Funkes antisemitische Äußerungen und Sympathiebekundungen zum Nationalsozialismus im Jahr 1934 zum zeitweiligen Freundschaftsabbruch mit Elisabeth Löbl, wie diese in einem Brief an Ninon Dolbin festhielt[30].

1946 erhielt sie die österreichische Staatsbürgerschaft. 1955 wurde die Künstlerin zur Professorin ernannt. In ihren letzten Lebensjahren lebte sie zurückgezogen und wird durch ihre Freundin Elisabeth Kowalski unterstützt[31].

1948 veranstaltete die Galerie Welz die erste Kollektiv-Ausstellung über Helene Funke. Kurz darauf folgte eine Retrospektive im Konzerthaus Wien und in einer Galerie in Zell am See (Funke 2007, 33). 1998 widmete sich die Wiener Galerie Hieke dem Werk der Künstlerin. 2007 fand eine große Retrospektive im Kunstmuseum Lentos in Linz statt. Einige ihrer Werke wurden in der Ausstellung „Wien-Paris“ 2007–08 im Belvedere, Wien, gezeigt. Hier war vor allem der kulturelle Austausch zwischen Frankreich und Österreich Thema, wofür Helene Funkes Werk ein maßgebliches Beispiel ist. 2008 war sie in der Ausstellung „Störenfriede“ im Kunstmuseum Lentos in Linz vertreten. Die Personale "Helene Funke. Expressiv weiblich" fand in den Kunstsammlung Chemnitz 2018–19 statt. In der Ausstellung "Klimt ist nicht das Ende" (Belvedere, Wien /BOZAR, Brüssel) wurde auf Funkes Beitrag zum Expressionismus in der Donaumonarchie verwiesen. Mit dem inhaltlichen Fokus auf durch den Nationalsozialismus vergessene Künstlerinnen 2019 waren Funkes Werke Teil der Gruppenausstellung „Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien 1900-1938“ im Belvedere in Wien. Im selben Jahr widmete sich die Gruppenschau "Die schaffende Galatea" in der Kunsthalle Talstraße in Halle an der Saale der Künstlerin. In der Themenschau „Wilde Kindheit. Ideal und Realität von 1900 bis heute“ im Lentos in Linz wurden einige Gemälde 2021 ausgestellt. 2022 war sie in der Ausstellung "Hagenbund. Von der gemäßigten zur radikalen Moderne" im Leopold Museum in Wien vertreten .

Quellen und externe Links

Bibliografie

  • Bußmann Frédéric / Viola Weigel (Hg.): Expressiv weiblich. Helene Funke, Ausst.-Kat. Kunstsammlungen Chemnitz, 4.11. 2018–19.1.2019.
  • Funke, Peter: Die Rätsel im Leben und Werk der Malerin Helene Funke. In: Helene Funke 1869–1957, Ausst.-Kat. Lentos Kunstmuseum Linz, 4.5.-11.9.2007, S. 23–34.
  • Funke Peter: Die Malerin Helene Funke 1869–1957. Leben und Werk. Wien / Köln / Weimar 2011.
  • Johnson Julie M.: Rediscovering Helene Funke: The Invisible Foremother. In: Dies.: The Memory Factory. The Forgotten Women Artists of Vienna 1900. West: Lafayette 2012, S. 177–201.
  • Nowak-Thaller Elisabeth (Hg.): Helene Funke. 1869–1957, Ausst.-Kat. Lentos Kunstmuseum, Linz 2007.
  • Nowak-Thaller Elisabeth: Helene Funke – Emanzipation und Ekstase. In: Sabine Fellner / Stella Rollig (Hg.): Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien 1900-1938, Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, 25.1.–19.5.2019, S. 125–129.
  • Plakolm-Forsthuber Sabine: Fauvismus und Frauengruppenbild bei Helene Funke. In: Dies.: Künstlerinnen in Österreich 1897-1938. Malerei – Plastik – Architektur, Wien 1994, S. 128–135.

Autor

Katharina Lovecky

Onlinestellung: 19/01/2025