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Lilly Steiner (*7. April 1884 in Wien, † 3. Oktober 1961 in Paris) lebte ab 1927 gemeinsam mit ihrem Ehemann Hugo Steiner in Paris. Zunächst war die Künstlerin durch ihre Ausbildung in Wien vom Secessionismus geprägt. Stilistisch wandte sich die Künstlerin nach ihrem Umzug nach Paris der Malerei der [[Fauvismus|Fauves]] zu. Gleichzeitig finden sich auch neusachliche Tendenzen in ihren Werken. Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten hielt Steiner Kontakt zu Wiener Galerien und stellte auch als sie schon in Paris lebte in der Neuen Galerie und der Galerie Würthle aus. Ihre Werke waren auch 1937 auf der Exposition d’art autrichien im Jeu de Paume vertreten. Steiners Kunst ist ein Beispiel für den regen kulturellen Austausch zwischen Österreich und Frankreich. Die nationalsozialistische Besetzung überlebte die jüdische Familie Steiner im Untergrund. Den Terror des Nazi-Regimes verarbeitete Lilly Steiner in einigen ihrer Werke. | Lilly Steiner (*7. April 1884 in Wien, † 3. Oktober 1961 in Paris) lebte ab 1927 gemeinsam mit ihrem Ehemann Hugo Steiner in Paris. Zunächst war die Künstlerin durch ihre Ausbildung in Wien vom Secessionismus geprägt. Stilistisch wandte sich die Künstlerin nach ihrem Umzug nach Paris der Malerei der [[Fauvismus|Fauves]] zu. Gleichzeitig finden sich auch neusachliche Tendenzen in ihren Werken. Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten hielt Steiner Kontakt zu Wiener Galerien und stellte auch als sie schon in Paris lebte in der Neuen Galerie und der Galerie Würthle aus. Ihre Werke waren auch 1937 auf der Exposition d’art autrichien im Jeu de Paume vertreten. Steiners Kunst ist ein Beispiel für den regen kulturellen Austausch zwischen Österreich und Frankreich. Die nationalsozialistische Besetzung überlebte die jüdische Familie Steiner im Untergrund. Den Terror des Nazi-Regimes verarbeitete Lilly Steiner in einigen ihrer Werke. | ||
==Biografie, | ==Biografie, Œuvre, Ausstellungen== | ||
Lilly Steiner wurde als Lilly Hoffmann 1884 in Wien geboren<ref>Meder 2008, S. 112- 127</ref>. Gestorben ist sie 1961 in Paris. Die künstlerischen Wurzeln der Malerin und Grafikerin liegen im [[Wiener Secession|Secessionismus]]. In den 1920er Jahren wendete sie sich expressionistischen Strömungen zu, sowie neusachlichen Tendenzen. Schon mit 15 Jahren begann Lilly Steiner ihre Ausbildung in grafischen Techniken an der Kunstschule für Frauen und Mädchen bei Ludwig Michalek<ref>https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Ludwig_Michalek</ref><ref>Plakolm-Forsthuber 1994, S. 145</ref>. Zwischen 1903 und 1914 war sie Mitglied beim „Radierklub der Wiener Künstlerinnen“. Bereits 1908 stellte sie als Gast im [[Hagenbund]] aus. Dort war sie mit der Radierung „Im März“ vertreten. Das quadratische Format und die reduzierte Komposition verweisen auf den Wiener Secessionismus. | [[Datei:Steiner1.jpg|thumb|left|250px|Lilly Steiner, Im März, 1908]]Lilly Steiner wurde als Lilly Hoffmann 1884 in Wien geboren<ref>Meder 2008, S. 112- 127</ref>. Gestorben ist sie 1961 in Paris. Die künstlerischen Wurzeln der Malerin und Grafikerin liegen im [[Wiener Secession|Secessionismus]]. In den 1920er Jahren wendete sie sich expressionistischen Strömungen zu, sowie neusachlichen Tendenzen. Schon mit 15 Jahren begann Lilly Steiner ihre Ausbildung in grafischen Techniken an der Kunstschule für Frauen und Mädchen bei Ludwig Michalek<ref>https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Ludwig_Michalek</ref><ref>Plakolm-Forsthuber 1994, S. 145</ref>. Zwischen 1903 und 1914 war sie Mitglied beim „Radierklub der Wiener Künstlerinnen“. Bereits 1908 stellte sie als Gast im [[Hagenbund]] aus. Dort war sie mit der Radierung „Im März“ vertreten. Das quadratische Format und die reduzierte Komposition verweisen auf den Wiener Secessionismus. | ||
Beachtenswert ist das geistige Umfeld Lilly Steiners: Im Jahre 1904 heiratete sie mit 20 Jahren den Industriellen Hugo Steiner. Dieser war in der Wiener Gesellschaft des Fin de Siècle äußerst gut vernetzt. Er war ein Schulkollege von [[Karl Kraus]] und mit [[Adolf Loos]] befreundet. Seine Eltern ließen eine Schmuckfedern-Fabrikation und zwei Geschäftslokale von dem Architekten gestalten<ref>Meder 2008, S. 113</ref>. 1910 entwarf Adolf Loos das Haus des Ehepaares Lilly und Hugo Steiner in der St.-Veit-Gasse Nr. 10 im heutigen 13. Wiener Gemeindebezirk. Im Jahr 1918 war Hugo Steiner Trauzeuge bei der Hochzeit von Adolf Loos mit Elsie Altmann<ref>Elsie</ref><ref>Meder 2008, S. 114</ref>. Lilly Steiner war außerdem mit dem Kunsthistorikerehepaar Erika Tietze-Conrat<ref>Elsie</ref> und Hans Tietze<ref>https://geschichte.univie.ac.at/en/persons/hans-tietze</ref> befreundet, sowie mit dem Maler Oskar Laske<ref>https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Oskar_Laske_der_J%C3%BCngere</ref>. Egon Schiele zählte nicht nur zu ihrem Freundeskreis, sie förderte ihn durch Aufträge und unterstützte ihn mit Malmitteln<ref>Steiner 1918</ref>. Auch mit Vertretern der Zwölftonmusik [[Arnold Schönberg]] und [[Alban Berg]] stand sie in Verbindung<ref>Loitfellner 2019</ref>. | Beachtenswert ist das geistige Umfeld Lilly Steiners: Im Jahre 1904 heiratete sie mit 20 Jahren den Industriellen Hugo Steiner. Dieser war in der Wiener Gesellschaft des Fin de Siècle äußerst gut vernetzt. Er war ein Schulkollege von [[Karl Kraus]] und mit [[Adolf Loos]] befreundet. Seine Eltern ließen eine Schmuckfedern-Fabrikation und zwei Geschäftslokale von dem Architekten gestalten<ref>Meder 2008, S. 113</ref>. 1910 entwarf Adolf Loos das Haus des Ehepaares Lilly und Hugo Steiner in der St.-Veit-Gasse Nr. 10 im heutigen 13. Wiener Gemeindebezirk. Im Jahr 1918 war Hugo Steiner Trauzeuge bei der Hochzeit von Adolf Loos mit Elsie Altmann<ref>Elsie</ref><ref>Meder 2008, S. 114</ref>. Lilly Steiner war außerdem mit dem Kunsthistorikerehepaar Erika Tietze-Conrat<ref>Elsie</ref> und Hans Tietze<ref>https://geschichte.univie.ac.at/en/persons/hans-tietze</ref> befreundet, sowie mit dem Maler Oskar Laske<ref>https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Oskar_Laske_der_J%C3%BCngere</ref>. Egon Schiele zählte nicht nur zu ihrem Freundeskreis, sie förderte ihn durch Aufträge und unterstützte ihn mit Malmitteln<ref>Steiner 1918</ref>. Auch mit Vertretern der Zwölftonmusik [[Arnold Schönberg]] und [[Alban Berg]] stand sie in Verbindung<ref>Loitfellner 2019</ref>. | ||
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Während des Ersten Weltkrieges ging die Spinnerei in Oberwaltersdorf, die Hugo Steiner besessen hatte infolge der Umstellung auf Kriegsproduktion zugrunde<ref>Meder 2008, S. 115</ref>. Es kam zu einem gravierenden Vermögensverlust. Die Familie floh für mehrere Monate aus Wien: Diese Erfahrungen veranlassten Lilly Steiner 1916 zu einer Serie von Kaltnadelradierungen, „Winter im Hochgebirge<ref>Plakolm-Forsthuber 1994, S. 145</ref>“. 1916, 1917 und 1919 stellte sie bei Halm & Goldmann aus<ref>Meder 2008, S. 114</ref>. 1920 nahm Steiner an der Kunstschau teil. 1921 und 1923 stellte sie in der Galerie Würthle aus<ref>Meder 2008, S. 114</ref>. 1925 waren ihre Werke im [[Hagenbund]] zu sehen, wo sie korrespondierendes Mitglied war<ref>Jesse 2014, S. 357-365</ref>. | Während des Ersten Weltkrieges ging die Spinnerei in Oberwaltersdorf, die Hugo Steiner besessen hatte infolge der Umstellung auf Kriegsproduktion zugrunde<ref>Meder 2008, S. 115</ref>. Es kam zu einem gravierenden Vermögensverlust. Die Familie floh für mehrere Monate aus Wien: Diese Erfahrungen veranlassten Lilly Steiner 1916 zu einer Serie von Kaltnadelradierungen, „Winter im Hochgebirge<ref>Plakolm-Forsthuber 1994, S. 145</ref>“. 1916, 1917 und 1919 stellte sie bei Halm & Goldmann aus<ref>Meder 2008, S. 114</ref>. 1920 nahm Steiner an der Kunstschau teil. 1921 und 1923 stellte sie in der Galerie Würthle aus<ref>Meder 2008, S. 114</ref>. 1925 waren ihre Werke im [[Hagenbund]] zu sehen, wo sie korrespondierendes Mitglied war<ref>Jesse 2014, S. 357-365</ref>. | ||
1927 emigrierte die Familie Steiner nach Paris. Hugo konnte dort aufgrund der engen familiären Verbindungen mit dem Unternehmen Kniže die Direktion einer Filiale des Herrenausstatters übernehmen<ref>Meder 2008, S. 115</ref>. Lilly Steiner war auch in Paris erfolgreich: So stellte sie 1928 in der Galerie Zborowksi aus. Weitere Präsentationen ihrer Werke folgten bei Éditions Bonaparte, Druet und im Palais des Tuileries<ref>Meder 2008, S. 119</ref>. In Studien widmete sie sich Porträts von Dirigenten, Komponisten und Künstlern. Sie zeigte Arturo Toscanini<ref>https://www.deutsche-biographie.de/sfz122809.html</ref>, [[Alban Berg]] und Aristide Maillol<ref>https://www.deutsche-biographie.de/sfz125792.html</ref> bei der Arbeit. | [[Datei:Steiner2.png|thumb|200px|Lilly Steiner, Mutter und Kind, 1919]]1927 emigrierte die Familie Steiner nach Paris. Hugo konnte dort aufgrund der engen familiären Verbindungen mit dem Unternehmen Kniže die Direktion einer Filiale des Herrenausstatters übernehmen<ref>Meder 2008, S. 115</ref>. Lilly Steiner war auch in Paris erfolgreich: So stellte sie 1928 in der Galerie Zborowksi aus. Weitere Präsentationen ihrer Werke folgten bei Éditions Bonaparte, Druet und im Palais des Tuileries<ref>Meder 2008, S. 119</ref>. In Studien widmete sie sich Porträts von Dirigenten, Komponisten und Künstlern. Sie zeigte Arturo Toscanini<ref>https://www.deutsche-biographie.de/sfz122809.html</ref>, [[Alban Berg]] und Aristide Maillol<ref>https://www.deutsche-biographie.de/sfz125792.html</ref> bei der Arbeit. | ||
Das Thema der Mutterschaft beschäftigte sie mehrmals in ihrer Laufbahn . Besonders gut lässt sich daran der österreichisch-französische Kulturtransfer erläutern. Ein Beispiel ist ihr Gemälde „Mutter und Kind“ aus dem Jahr 1919. Hier dominiert die grafische Konturierung, wodurch ihre Malerei an die Wiener Stilkunst, die [[Gustav Klimt]] prägte, erinnert. 1929 widmete sie sich – bereits in Paris lebend – derselben Komposition. Steiner behandelte das Motiv nun malerischer und modellierte die Gruppe aus der Farbe heraus. Darin ist der Einfluss [[Oskar Kokoschka|Oskar Kokoschkas]] und der französischen [[Fauvismus|Fauvisten]] erkennbar. | Das Thema der Mutterschaft beschäftigte sie mehrmals in ihrer Laufbahn. Besonders gut lässt sich daran der österreichisch-französische Kulturtransfer erläutern. Ein Beispiel ist ihr Gemälde „Mutter und Kind“ aus dem Jahr 1919. Hier dominiert die grafische Konturierung, wodurch ihre Malerei an die Wiener Stilkunst, die [[Gustav Klimt]] prägte, erinnert. 1929 widmete sie sich – bereits in Paris lebend – derselben Komposition. Steiner behandelte das Motiv nun malerischer und modellierte die Gruppe aus der Farbe heraus. Darin ist der Einfluss [[Oskar Kokoschka|Oskar Kokoschkas]] und der französischen [[Fauvismus|Fauvisten]] erkennbar. | ||
In Paris pflegte die Künstlerin auch ihre Wiener Kontakte wie etwa zur Neuen Galerie Otto Kallir-Nirensteins<ref>https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Otto_Kallir</ref><ref>Meder 2008, S. 119</ref>. 1931 stellte sie im Wiener Künstlerhaus aus. 1936 war sie in der Galerie Würthle vertreten, 1937 auf der [[Exposition d’art autrichien]] im Jeu de Paume<ref>Meder 2008, S. 120</ref>. Ihren Wohnsitz hatte Steiner im Hotel Liberia (9, rue de la Grande-Chaumière<ref>Meder 2008, S. 120</ref>). Während der Nazi-Diktatur überlebten die Steiners im Untergrund in Paris und in Südfrankreich in der Vichy-Zone. Spätestens seit 1948 befand sich das Pariser Atelier der Künstlerin in der Avenue des Champs-Élysées Nr. 146<ref>Akt zur Widmung von zwei Gemälden von Lilly Steiner: Selbstbildnis und Composition baroque , Inv.-Nr. 4155 und 4156, Archiv des Belvedere, Wien, Aktenzahl 165/48.</ref>. | In Paris pflegte die Künstlerin auch ihre Wiener Kontakte wie etwa zur Neuen Galerie Otto Kallir-Nirensteins<ref>https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Otto_Kallir</ref><ref>Meder 2008, S. 119</ref>. 1931 stellte sie im Wiener Künstlerhaus aus. 1936 war sie in der Galerie Würthle vertreten, 1937 auf der [[Exposition d’art autrichien]] im Jeu de Paume<ref>Meder 2008, S. 120</ref>. Ihren Wohnsitz hatte Steiner im Hotel Liberia (9, rue de la Grande-Chaumière<ref>Meder 2008, S. 120</ref>). Während der Nazi-Diktatur überlebten die Steiners im Untergrund in Paris und in Südfrankreich in der Vichy-Zone. Spätestens seit 1948 befand sich das Pariser Atelier der Künstlerin in der Avenue des Champs-Élysées Nr. 146<ref>Akt zur Widmung von zwei Gemälden von Lilly Steiner: Selbstbildnis und Composition baroque , Inv.-Nr. 4155 und 4156, Archiv des Belvedere, Wien, Aktenzahl 165/48.</ref>. | ||
In einer Reihe von Werken reagierte Lilly Steiner auf die Zeitgeschichte: Hierzu zählte das 1934 entstandene Gemälde ''Donauweibchen''. 1938 malte Lilly Steiner ihr Hauptwerk, die ''Composition baroque''. Dieses Gemälde entstand als Reaktion auf den sogenannten „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland, was sie in der Widmung des Werkes an die Österreichische Galerie Belvedere vermerkte. Um 1939 begann Steiner das Gemälde „Apokalypse“: Die Hoffnungslosigkeit, die bereits in der ''Composition baroque'' vorherrscht, ist hier noch gesteigert. | In einer Reihe von Werken reagierte Lilly Steiner auf die Zeitgeschichte: Hierzu zählte das 1934 entstandene Gemälde ''Donauweibchen''. 1938 malte Lilly Steiner ihr Hauptwerk, die ''Composition baroque''. Dieses Gemälde entstand als Reaktion auf den sogenannten „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland, was sie in der Widmung des Werkes an die Österreichische Galerie Belvedere vermerkte. Um 1939 begann Steiner das Gemälde „Apokalypse“: Die Hoffnungslosigkeit, die bereits in der ''Composition baroque'' vorherrscht, ist hier noch gesteigert. | ||
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1952 schuf sie Kartons für den Grand Prix de L'Union des Femmes - Peintres et Sculpteurs für die Allégorie de la Maternité und einen Karton für die Tapisserie-Manufaktur, Ateliers Simone André in Aubusson<ref>Loitfellner 2019</ref>. Sie war bis zu ihrem Lebensende künstlerisch tätig . | Datei:Arto8859.jpg|thumb|Lilly Steiner, Donauweibchen, 1934. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien | ||
Datei:4156.jpg|thumb|Lilly Steiner, Composition baroque, 1938. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien | |||
Datei:10237.jpg|thumb|Lilly Steiner, Apokalypse, 1939/1951. Foto: Belvedere, Wien | |||
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1952 schuf sie Kartons für den ''Grand Prix de L'Union des Femmes - Peintres et Sculpteurs'' für die ''Allégorie de la Maternité'' und einen Karton für die Tapisserie-Manufaktur, Ateliers Simone André in Aubusson<ref>Loitfellner 2019</ref>. Sie war bis zu ihrem Lebensende künstlerisch tätig . | |||
Die Künstlerin ist in Gruppenausstellungen immer wieder präsent. So etwa wurden ihre Werke 2008 in der Schau ''Wien – Paris - Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880 – 1960'' im Belvedere gezeigt<ref>Husslein-Arco 2008</ref>. Im selben Jahr wurde ihr Schaffen und ihre Lebensgeschichte mit dem Fokus auf ihre Emigration im Jüdischen Museum der Stadt Wien in der Ausstellung ''Moderne auf der Flucht. Österreichische KünstlerInnen in Frankreich'' beleuchtet. 2014 war ihre Rolle im [[Hagenbund]] in der Ausstellung ''Hagenbund - Ein europäisches Netzwerk der Moderne 1900 bis 1938'' im Belvedere Thema. Einen recht ähnlichen Fokus legt 2022 das Leopold Museum in der Schau mit dem Titel ''Hagenbund: von der gemäßigten zur radikalen Moderne''<ref>Wipplinger 2022</ref>. Die beiden Ausstellungen ''Die bessere Hälfte, Jüdische Künstlerinnen bis 1938'', die 2016 im Jüdischen Museum stattfand, und die Schau ''Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien 1900 – 1938'' im Belvedere hatten vor allem die Verdrängung ihres Werkes aus der Öffentlichkeit durch das Nazi-Regime im Fokus<ref>Winklbauer 2016; Fellner & Rollig 2019</ref>. Eine Personale der Künstlerin ist noch ausständig. | Die Künstlerin ist in Gruppenausstellungen immer wieder präsent. So etwa wurden ihre Werke 2008 in der Schau ''Wien – Paris - Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880 – 1960'' im Belvedere gezeigt<ref>Husslein-Arco 2008</ref>. Im selben Jahr wurde ihr Schaffen und ihre Lebensgeschichte mit dem Fokus auf ihre Emigration im Jüdischen Museum der Stadt Wien in der Ausstellung ''Moderne auf der Flucht. Österreichische KünstlerInnen in Frankreich'' beleuchtet. 2014 war ihre Rolle im [[Hagenbund]] in der Ausstellung ''Hagenbund - Ein europäisches Netzwerk der Moderne 1900 bis 1938'' im Belvedere Thema. Einen recht ähnlichen Fokus legt 2022 das Leopold Museum in der Schau mit dem Titel ''Hagenbund: von der gemäßigten zur radikalen Moderne''<ref>Wipplinger 2022</ref>. Die beiden Ausstellungen ''Die bessere Hälfte, Jüdische Künstlerinnen bis 1938'', die 2016 im Jüdischen Museum stattfand, und die Schau ''Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien 1900 – 1938'' im Belvedere hatten vor allem die Verdrängung ihres Werkes aus der Öffentlichkeit durch das Nazi-Regime im Fokus<ref>Winklbauer 2016; Fellner & Rollig 2019</ref>. Eine Personale der Künstlerin ist noch ausständig. |
Aktuelle Version vom 29. Januar 2025, 14:07 Uhr
Lilly Steiner (*7. April 1884 in Wien, † 3. Oktober 1961 in Paris) lebte ab 1927 gemeinsam mit ihrem Ehemann Hugo Steiner in Paris. Zunächst war die Künstlerin durch ihre Ausbildung in Wien vom Secessionismus geprägt. Stilistisch wandte sich die Künstlerin nach ihrem Umzug nach Paris der Malerei der Fauves zu. Gleichzeitig finden sich auch neusachliche Tendenzen in ihren Werken. Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten hielt Steiner Kontakt zu Wiener Galerien und stellte auch als sie schon in Paris lebte in der Neuen Galerie und der Galerie Würthle aus. Ihre Werke waren auch 1937 auf der Exposition d’art autrichien im Jeu de Paume vertreten. Steiners Kunst ist ein Beispiel für den regen kulturellen Austausch zwischen Österreich und Frankreich. Die nationalsozialistische Besetzung überlebte die jüdische Familie Steiner im Untergrund. Den Terror des Nazi-Regimes verarbeitete Lilly Steiner in einigen ihrer Werke.
Biografie, Œuvre, Ausstellungen

Lilly Steiner wurde als Lilly Hoffmann 1884 in Wien geboren[1]. Gestorben ist sie 1961 in Paris. Die künstlerischen Wurzeln der Malerin und Grafikerin liegen im Secessionismus. In den 1920er Jahren wendete sie sich expressionistischen Strömungen zu, sowie neusachlichen Tendenzen. Schon mit 15 Jahren begann Lilly Steiner ihre Ausbildung in grafischen Techniken an der Kunstschule für Frauen und Mädchen bei Ludwig Michalek[2][3]. Zwischen 1903 und 1914 war sie Mitglied beim „Radierklub der Wiener Künstlerinnen“. Bereits 1908 stellte sie als Gast im Hagenbund aus. Dort war sie mit der Radierung „Im März“ vertreten. Das quadratische Format und die reduzierte Komposition verweisen auf den Wiener Secessionismus.
Beachtenswert ist das geistige Umfeld Lilly Steiners: Im Jahre 1904 heiratete sie mit 20 Jahren den Industriellen Hugo Steiner. Dieser war in der Wiener Gesellschaft des Fin de Siècle äußerst gut vernetzt. Er war ein Schulkollege von Karl Kraus und mit Adolf Loos befreundet. Seine Eltern ließen eine Schmuckfedern-Fabrikation und zwei Geschäftslokale von dem Architekten gestalten[4]. 1910 entwarf Adolf Loos das Haus des Ehepaares Lilly und Hugo Steiner in der St.-Veit-Gasse Nr. 10 im heutigen 13. Wiener Gemeindebezirk. Im Jahr 1918 war Hugo Steiner Trauzeuge bei der Hochzeit von Adolf Loos mit Elsie Altmann[5][6]. Lilly Steiner war außerdem mit dem Kunsthistorikerehepaar Erika Tietze-Conrat[7] und Hans Tietze[8] befreundet, sowie mit dem Maler Oskar Laske[9]. Egon Schiele zählte nicht nur zu ihrem Freundeskreis, sie förderte ihn durch Aufträge und unterstützte ihn mit Malmitteln[10]. Auch mit Vertretern der Zwölftonmusik Arnold Schönberg und Alban Berg stand sie in Verbindung[11].
Während des Ersten Weltkrieges ging die Spinnerei in Oberwaltersdorf, die Hugo Steiner besessen hatte infolge der Umstellung auf Kriegsproduktion zugrunde[12]. Es kam zu einem gravierenden Vermögensverlust. Die Familie floh für mehrere Monate aus Wien: Diese Erfahrungen veranlassten Lilly Steiner 1916 zu einer Serie von Kaltnadelradierungen, „Winter im Hochgebirge[13]“. 1916, 1917 und 1919 stellte sie bei Halm & Goldmann aus[14]. 1920 nahm Steiner an der Kunstschau teil. 1921 und 1923 stellte sie in der Galerie Würthle aus[15]. 1925 waren ihre Werke im Hagenbund zu sehen, wo sie korrespondierendes Mitglied war[16].

1927 emigrierte die Familie Steiner nach Paris. Hugo konnte dort aufgrund der engen familiären Verbindungen mit dem Unternehmen Kniže die Direktion einer Filiale des Herrenausstatters übernehmen[17]. Lilly Steiner war auch in Paris erfolgreich: So stellte sie 1928 in der Galerie Zborowksi aus. Weitere Präsentationen ihrer Werke folgten bei Éditions Bonaparte, Druet und im Palais des Tuileries[18]. In Studien widmete sie sich Porträts von Dirigenten, Komponisten und Künstlern. Sie zeigte Arturo Toscanini[19], Alban Berg und Aristide Maillol[20] bei der Arbeit.
Das Thema der Mutterschaft beschäftigte sie mehrmals in ihrer Laufbahn. Besonders gut lässt sich daran der österreichisch-französische Kulturtransfer erläutern. Ein Beispiel ist ihr Gemälde „Mutter und Kind“ aus dem Jahr 1919. Hier dominiert die grafische Konturierung, wodurch ihre Malerei an die Wiener Stilkunst, die Gustav Klimt prägte, erinnert. 1929 widmete sie sich – bereits in Paris lebend – derselben Komposition. Steiner behandelte das Motiv nun malerischer und modellierte die Gruppe aus der Farbe heraus. Darin ist der Einfluss Oskar Kokoschkas und der französischen Fauvisten erkennbar.
In Paris pflegte die Künstlerin auch ihre Wiener Kontakte wie etwa zur Neuen Galerie Otto Kallir-Nirensteins[21][22]. 1931 stellte sie im Wiener Künstlerhaus aus. 1936 war sie in der Galerie Würthle vertreten, 1937 auf der Exposition d’art autrichien im Jeu de Paume[23]. Ihren Wohnsitz hatte Steiner im Hotel Liberia (9, rue de la Grande-Chaumière[24]). Während der Nazi-Diktatur überlebten die Steiners im Untergrund in Paris und in Südfrankreich in der Vichy-Zone. Spätestens seit 1948 befand sich das Pariser Atelier der Künstlerin in der Avenue des Champs-Élysées Nr. 146[25].
In einer Reihe von Werken reagierte Lilly Steiner auf die Zeitgeschichte: Hierzu zählte das 1934 entstandene Gemälde Donauweibchen. 1938 malte Lilly Steiner ihr Hauptwerk, die Composition baroque. Dieses Gemälde entstand als Reaktion auf den sogenannten „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland, was sie in der Widmung des Werkes an die Österreichische Galerie Belvedere vermerkte. Um 1939 begann Steiner das Gemälde „Apokalypse“: Die Hoffnungslosigkeit, die bereits in der Composition baroque vorherrscht, ist hier noch gesteigert.
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Lilly Steiner, Donauweibchen, 1934. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien
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Lilly Steiner, Composition baroque, 1938. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien
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Lilly Steiner, Apokalypse, 1939/1951. Foto: Belvedere, Wien
1952 schuf sie Kartons für den Grand Prix de L'Union des Femmes - Peintres et Sculpteurs für die Allégorie de la Maternité und einen Karton für die Tapisserie-Manufaktur, Ateliers Simone André in Aubusson[26]. Sie war bis zu ihrem Lebensende künstlerisch tätig .
Die Künstlerin ist in Gruppenausstellungen immer wieder präsent. So etwa wurden ihre Werke 2008 in der Schau Wien – Paris - Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880 – 1960 im Belvedere gezeigt[27]. Im selben Jahr wurde ihr Schaffen und ihre Lebensgeschichte mit dem Fokus auf ihre Emigration im Jüdischen Museum der Stadt Wien in der Ausstellung Moderne auf der Flucht. Österreichische KünstlerInnen in Frankreich beleuchtet. 2014 war ihre Rolle im Hagenbund in der Ausstellung Hagenbund - Ein europäisches Netzwerk der Moderne 1900 bis 1938 im Belvedere Thema. Einen recht ähnlichen Fokus legt 2022 das Leopold Museum in der Schau mit dem Titel Hagenbund: von der gemäßigten zur radikalen Moderne[28]. Die beiden Ausstellungen Die bessere Hälfte, Jüdische Künstlerinnen bis 1938, die 2016 im Jüdischen Museum stattfand, und die Schau Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien 1900 – 1938 im Belvedere hatten vor allem die Verdrängung ihres Werkes aus der Öffentlichkeit durch das Nazi-Regime im Fokus[29]. Eine Personale der Künstlerin ist noch ausständig.
Quellen und externe Links
- ↑ Meder 2008, S. 112- 127
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Ludwig_Michalek
- ↑ Plakolm-Forsthuber 1994, S. 145
- ↑ Meder 2008, S. 113
- ↑ Elsie
- ↑ Meder 2008, S. 114
- ↑ Elsie
- ↑ https://geschichte.univie.ac.at/en/persons/hans-tietze
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Oskar_Laske_der_J%C3%BCngere
- ↑ Steiner 1918
- ↑ Loitfellner 2019
- ↑ Meder 2008, S. 115
- ↑ Plakolm-Forsthuber 1994, S. 145
- ↑ Meder 2008, S. 114
- ↑ Meder 2008, S. 114
- ↑ Jesse 2014, S. 357-365
- ↑ Meder 2008, S. 115
- ↑ Meder 2008, S. 119
- ↑ https://www.deutsche-biographie.de/sfz122809.html
- ↑ https://www.deutsche-biographie.de/sfz125792.html
- ↑ https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Otto_Kallir
- ↑ Meder 2008, S. 119
- ↑ Meder 2008, S. 120
- ↑ Meder 2008, S. 120
- ↑ Akt zur Widmung von zwei Gemälden von Lilly Steiner: Selbstbildnis und Composition baroque , Inv.-Nr. 4155 und 4156, Archiv des Belvedere, Wien, Aktenzahl 165/48.
- ↑ Loitfellner 2019
- ↑ Husslein-Arco 2008
- ↑ Wipplinger 2022
- ↑ Winklbauer 2016; Fellner & Rollig 2019
Bibliografie
- Fellner, Sabine / Rollig, Stella (Hg.): Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien 1900-1938 (City of Women. Female artists in Vienna 1900-1938), Ausst.-Kat. Belvedere Wien 2019.
- Husslein-Arco, Agnes: Wien-Paris - Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880 - 1960, Ausst.-Kat. Belvedere Wien 2008.
- Jesse, Kerstin: „Außerordentliche“ Frauen im Hagenbund. Künstlerinnen und ihre Netzwerke, in: Harald Krejci / Agnes Husslein-Arco (Hgg.), Hagenbund - Ein europäisches Netzwerk der Moderne 1900 bis 1938, Ausst.-Kat. Belvedere Wien 2014, S. 357-365.
- Loitfellner, Tamara: Steiner, Lilly. In: Artists of the World. Berlin, Boston 2019. https://aow-1degruyter-1com-17201fokt04d0.han.onb.ac.at/artist/_00208463
- Meder, Iris: „Lilly Steiner und der Loos-Kreis in Paris“. In: Andrea Winklbauer (Hg.), Moderne auf der Flucht. Österreichische KünstlerInnen in Frankreich, Ausst.-Kat. Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 2008, S. 112- 127.
- Plakolm-Forsthuber, Sabine: „Die weibliche Imaginerie – Bilder der Zwischenkriegszeit“. In: Dies., Künstlerinnen in Österreich 1897 - 1938. Malerei. Plastik. Architektur, Wien 1994, S. 145-208.
- Winklbauer, Andrea (Hg.): Die bessere Hälfte. Jüdische Künstlerinnen bis 1938 (The better half. Jewish women artists before 1938), Ausst.-Kat. Jüdisches Museum Wien, Wien 2016.
- Wipplinger, Hans Peter (Hg.): Hagenbund - von der gemäßigten zur radikalen Moderne / from moderate to radical modernism, Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien 2022.
Autor
Katharina Lovecky
Onlinestellung: 19/01/2025