Maximilien Rubel

Aus decaf-de

Maximilien Rubel (*10. Oktober 1905 in Czernowitz in der Bukowina, † 28. Februar 1996 in Paris) ist zwar vor allem als Herausgeber der Werke von Karl Marx in der Bibliothèque de la Pléiade bekannt, aber seine Interessenschwerpunkte gingen weit über diesen Bereich (auf den er meist reduziert wird) hinaus und reichten von der internationalen Politik über den Anarchismus, Pazifismus, Feminismus bis hin zu Karl Kraus[1].

Biografie

Rubel wurde 1905 in der Hauptstadt der Bukowina, Czernowitz, geboren (wie die Dichter Rose Ausländer, Paul Celan, Alfred Gong[2], Immanuel Weissglas[3] und der Romanschriftsteller Gregor von Rezzori[4]) – einer Stadt, in der sich die Sprachen, die deutsche und slawische Kultur sowie die christliche und jüdische Gemeinschaft vermischten. Maximilian Rubel, der nach Wien flüchtete und 1918 in seine rumänisch gewordene Heimatstadt zurückkehrte, verließ diese erneut 1931 und ließ sich in Paris nieder, wo er Deutsch und Literatur studierte und 1937 die französische Staatsbürgerschaft erhielt. Es ist festzuhalten, dass Rubels Vorliebe für das Werk von Karl Kraus seiner Vorliebe für das Werk von Marx vorausging, dessen „historisch-kritische Erforschung“ (wie er es selber nannte) er erst nach 1945 begann. Seit Mitte der 1930er Jahre begeisterte sich Rubel für Prosa und insbesondere für die Aphorismen von Kraus, die er bald darauf gemeinsam mit Germaine Goblot übersetzte.

Der Rückzug seines Dissertationsthemas über Kraus (auf Wunsch von Germaine Goblot, die selbst plante, ihre Dissertation dem österreichischen Satiriker zu widmen) hinderte Rubel nicht daran, am 4. Mai 1935 vor der Société des études germaniques einen Kraus gewidmeten Vortrag zu halten. Die Tagesordnung der Sitzung, die unter dem Vorsitz von Henri Lichtenberger stattfand, lautete: „Mitteilung von Herrn Maximilian Rubel: I. Karl Kraus und die deutsche Kunstprosa; II. Todesfurcht (Gedicht von Karl Kraus, vom Autor selbst auf Schallplatte aufgenommen)“. Der Bericht über diesen Vortrag, der im Juni 1935[5] in der Revue de l’enseignement des langues vivantes erschien, wurde von Kraus zwei Monate später in der Ausgabe 912-915[6] der Fackel unter dem Titel „Die deutsche Sprache in Paris“ abgedruckt. Einer der Hauptgründe für das Interesse an diesem Vortrag, abgesehen von gewissen Verallgemeinerungen in Rubels Überlegungen, liegt in der Wahrnehmung, die französische Germanisten und Intellektuelle wie Goblot oder Rubel damals von dem Schriftsteller Kraus hatten – insbesondere die Verwandtschaft seiner Auffassungen mit denen der deutschen Romantiker – und in dem ganz besonderen Verhältnis, das dieser zur deutschen Sprache unterhielt: „Der Stil von Kraus erinnert einerseits an die großen französischen Moralisten und andererseits an die großen Schriftsteller der griechischen und lateinischen Antike. [...] Bei den Brüdern Schlegel, bei Novalis und vor allem bei Bernhardi finden wir die Keime einer von Grund auf originellen Sprachwissenschaft, die Keime einer von Grund auf originellen Sprachauffassung, wie sie in Karl Kraus’ Prosawerk zum ersten Mal eine glänzende Überprüfung gefunden zu haben scheint.[7]

Rosa Olmos, die den Rubel-Nachlass für die Bibliothèque de Documentation Internationale Contemporaine (BDIC), seit 2018 « La Contemporaine », bearbeitet hat, hebt den großen Einfluss hervor, den Kraus auf Rubel ausübte, sowie die ungewollte zentrale Rolle, die der österreichische Satiriker bei Rubels Ausschluss aus dem Feld der nach Frankreich geflüchteten deutschsprachigen Intellektuellen in der Zwischenkriegszeit spielte: „Stark beeinflusst von Karl Kraus und seiner heftigen Kritik an der Sozialdemokratie, befand sich Rubel in einer Position der Isolation und Zurückhaltung gegenüber dem Milieu der nach Frankreich geflüchteten deutschen Intellektuellen, unter denen eine starke marxistische Strömung dominierte.[8]

Quellen und externe Links

Bibliografie

  • Lacheny, Marc: Petite contribution à l’histoire des relations culturelles franco-autrichiennes au XXe siècle : Karl Kraus et les germanistes français de son temps. In : Sigurd Paul Scheichl und Karl Zieger (Hrsg.): Österreichisch-französische Kulturbeziehungen 1867-1938 / France-Autriche : leurs relations culturelles de 1867 à 1938. Innsbruck: iup 2012, S. 203–221.
  • Olmos, Rosa: Le fonds Maximilien Rubel. In: Journal de la BDIC 10 (2005), S. 6. (1)
  • Olmos, Rosa: Maximilien Rubel : quelques repères biographiques. In: Journal de la BDIC 10 (2005), S. 6. (2)
  • Rubel, Maximilien: Die deutsche Sprache in Paris. In: Die Fackel 912–915 (1935), S. 64–68.
  • Rubel, Maximilien: Karl Kraus et la prose d’art allemande. In: Revue de l’enseignement des langues vivantes, Juni 1935, S. 37–50. URL: https://www.retronews.fr/journal/revue-de-l-enseignement-des-langues-vivantes/01-juin-1935/2385/4881470/37

Autor

Marc Lacheny

Onlinestellung: 01/02/2025