Französisches Kulturinstitut Innsbruck (Institut Français d’Innsbruck): Unterschied zwischen den Versionen

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Im Oktober 1996 begeht das Institut sein fünfzigjähriges Jubiläum. Ein wichtiges Kolloquium zelebriert dieses Jubiläum:  Österreichische und französische Historiker analysieren diese Jahre der Kooperation; zahlreiche kulturelle Veranstaltungen begleiten diesen Anlass, ein Buch mit einem Vorwort des Tiroler Landeshauptmanns Wendelin Weingartner<ref>https://explore.gnd.network/gnd/122210743</ref> wird veröffentlicht (''das institut français ist 50 jahre alt''). 2004 verkauft Frankreich nun auch die Häuser am Rennweg Nr. 17-19, und das Institut, dessen finanzielle Lage immer schwieriger wird, bezieht kleine Büroräume im Stadtzentrum. Der gesamte Bestand der Mediathek wird zerstreut, ein interdisziplinärer Pol für Frankreichkunde wird an der Universität Innsbruck eingerichtet.
Im Oktober 1996 begeht das Institut sein fünfzigjähriges Jubiläum. Ein wichtiges Kolloquium zelebriert dieses Jubiläum:  Österreichische und französische Historiker analysieren diese Jahre der Kooperation; zahlreiche kulturelle Veranstaltungen begleiten diesen Anlass, ein Buch mit einem Vorwort des Tiroler Landeshauptmanns Wendelin Weingartner<ref>https://explore.gnd.network/gnd/122210743</ref> wird veröffentlicht (''das institut français ist 50 jahre alt''). 2004 verkauft Frankreich nun auch die Häuser am Rennweg Nr. 17-19, und das Institut, dessen finanzielle Lage immer schwieriger wird, bezieht kleine Büroräume im Stadtzentrum. Der gesamte Bestand der Mediathek wird zerstreut, ein interdisziplinärer Pol für Frankreichkunde wird an der Universität Innsbruck eingerichtet.


2015 wird das Institut français von Innsbruck in ein „Institut franco-tyrolien d’Innsbruck“ mit dem Statut eines gemeinnützigen Vereins verwandelt, dem Professor Franz Pegger vorsitzt (Univ.-Prof. Dr. Franz Pegger - GPK Pegger Kofler & Partner), in Verbindung mit dem in Wien angesiedelten Institut français d’Autriche.
2015 wird das Institut français von Innsbruck in ein „Institut franco-tyrolien d’Innsbruck“ mit dem Statut eines gemeinnützigen Vereins verwandelt, dem Professor Franz Pegger<ref>http://franco-tyrolien.at/wordpress/verein/vorstand/</ref> vorsitzt, in Verbindung mit dem in Wien angesiedelten Institut français d’Autriche.


==Quellen und externe Links==
==Quellen und externe Links==

Version vom 15. Oktober 2025, 14:17 Uhr

Das Institut Français d’Innsbruck in der Karl-Kapferer-Straße.

Am Montag, den 8. Juli 1946, eröffnet Frankreich in der Karl-Kapfererstrasse in Innsbruck ein Institut français,[1] zwei Jahre vor der Wiedereröffnung des 1928 gegründeten und während des Kriegs geschlossenen Wiener Instituts. Der Botschafter Louis de Monticault als politischer Repräsentant der Französischen Republik in Österreich und General Béthouartals Kommandant der in Tirol und Vorarlberg stationierten französischen Truppen eröffnen feierlich das für Tirol und Vorarlberg zuständige Institut , wobei auch Vertreter der lokalen Behörden zugegen sind, wie etwa der Präfekt Pierre Voizard als Chef der französischen Zivilverwaltung und Leiter der französischen Kontrollmission in Österreich,[2] sowie Eugène Susini, der die beiden Leiter des Instituts vorstellt, Maurice Besset und Marcel Decombis[3], letzterer bis 1948. Dabei wird insbesondere auf die Organisation einer Ausstellung hingewiesen, die „namentlich“ Werken von Henri Matisse[4], Pierre Bonnard[5], Raoul Dufy[6], Suzanne Valadon[7] und Maurice Denis[8] gewidmet ist.[9]

Zielsetzungen des Instituts unter Maurice Besset

Der Ausstellungsraum des Institut Français d’Innsbruck.

Dieser offizielle Einweihungsakt in Anwesenheit aller Tiroler Behörden zeugt von der Bedeutung des Instituts für die Besatzungsmacht. Das Institut français hat die zweifache Aufgabe, einerseits den Kontakt mit der Universität von Innsbruck herzustellen, indem es deren Wiedereröffnung fördert, andererseits ein „kulturelles“ Projekt zu entwickeln, das sich an ein junges Publikum und an Künstler als vorrangige Zielgruppe richtet. Der Schwerpunkt liegt zuerst auf künstlerischen Aktivitäten, die ein positives Bild von Frankreich entstehen lassen sollen. Laut der bei jedem offiziellen Treffen von General Béthouart verwendeten Formulierung ist Österreich ein „befreundetes Land“ und als solches der ideale Partner, um dieses Ziel zu erreichen. Maurice Besset, der ab 1948 das Institut leitet, setzt diese Politik in die Praxis um. Nach seiner Ernennung zum Leiter des Institut français organisiert er jedes Jahr vier Ausstellungen und lässt berühmte Schriftsteller nach Innsbruck kommen, z.B. Raymond Queneau[10], Pierre Emmanuel[11], wie auch Jean Cocteau[12], der am 2. Mai 1952 ein Gespräch mit Journalisten führt, sowie bekannte Intellektuelle wie Gabriel Marcel[13] oder Raymond Aron[14], bzw. Persönlichkeiten aus dem Bereich der Kunst, etwa Tristan Tzara[15] und Le Corbusier, oder zahlreiche Künstler aus der Welt der Musik, zum Beispiel Ginette Neveu[16] oder Alfred Cortot[17], der selbst schon vor dem Krieg mehrmals gekommen war. Manche Filmregisseure kommen nach Innsbruck, um ihre Filme vorzustellen.[18] Maurice Besset organisiert auch Jugendlager und die „Hochschulwochen“ in Pertisau am Achensee, wo André Gide einen Vortrag hält, und in St. Christoph/Arlberg. Er knüpft Verbindungen mit zahlreichen österreichischen Künstlern und ermöglicht ihnen, zum ersten Mal nach Frankreich zu reisen. Dazu zählen u.a. Gerhild Diesner, Paul Flora, Wilfried Kirsch, Franz Lettner, Max Weiler, und der Fotograf Rudolf Purner, dessen Fotos, die seinen Aufenthalt in Paris dokumentieren, anlässlich des 50-Jahr Jubiläums des Instituts 1996 erneut ausgestellt werden. Maurice Besset verlässt Innsbruck im Jahre 1958, nachdem er die Grundlage für eine enge Kooperation mit seinen auf lokaler Ebene gewählten Mitarbeitern gefestigt hat, insbesondere mit der Kunsthistorikerin, Dichterin und Übersetzerin Lilly von Sauter und mit Renate Lichtfuss, die bis 1988 als Assistentin der verschiedenen Institutsleiter wirkt. Seine Nachfolger sind François Léger (1958-1964), Pierre Würms (1964-1968), François Fillard (1968-1973), Jean-José Daugas (1973-1978), Francis Olivier (1978-1981), Dominique Paillarse (1981-1985), Jean-Luc Bredel (1985-1986), Line Sourbier-Pinter (1987-1991), Jean-Marc Terrasse (1991-1997), Catherine Roth (1997-2000). Einige unter ihnen sind Germanisten, manche unterrichten an der Universität und / oder stammen aus der französischen Kulturwelt, in die sie nach ihrer Innsbrucker Zeit zurückkehren. Ihre Arbeitsmethoden hängen sowohl von den Anweisungen der jeweils zuständigen Ministerien, ab als auch von den Schlussfolgerungen ab, die sie, je nach Temperament, daraus ziehen.

Bis zum Ende der französischen Besatzung 1955 ist der Grenzverkehr von Gästen und Werken in beide Richtungen dank des Entgegenkommens der Militärbehörden relativ einfach, was die Organisation von Veranstaltungen erleichtert. Im selben Jahr zieht das Institut in neue Räumlichkeiten am Rennweg Nr. 17-19, am Ufer des Inns, um; das französische Konsulat hat damals seinen Sitz im Nachbarhaus, Nr. 21-23. In diesen vom Land Tirol Frankreich geschenkten vier Häusern waren (nach dem Anschluss) deutsche, dann (seit 1945) französische Truppen einquartiert. Das Ganze bildet damals eine Art „kleines Frankreich“, so die Formulierung von M. Burki, dem letzten Konsul. Das weiträumige Institut bietet zahlreiche Französischkurse an und verfügt über eine imposante Bibliothek mit einem Bestand von ca. 10 000 Büchern und Zeitschriften. Es werden freundschaftliche Beziehungen mit den Tiroler Behörden gepflegt; das Institut wird in der Region als offizielle Einrichtung betrachtet und besitzt ein treues Stammpublikum. Die Presse berichtet über die dort stattfindenden Veranstaltungen, und der jeweilige Leiter ist als anerkannte Persönlichkeit bei jeder kulturellen, akademischen und politischen Zeremonie in Tirol und Vorarlberg zugegen. Von 1948 an genießt das Institut ungefähr zehn Jahre lang eine quasi hegemonische Stellung als internationales Kulturforum. In Innsbruck ist zum Beispiel das einzige Kino der Kinosaal des Instituts. Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 verändert sich die Konjunktur allmählich, der wirtschaftliche Aufschwung ist im Gange und es gilt jetzt professionelle Regeln zu beachten.[19]

Nach Ende der französischen Besatzung

Nachdem Maurice Besset sich von Innsbruck verabschiedet hat, entwickeln sich in den 1960er und 70er Jahren die Prioritäten des Institut français in diesem veränderten Kontext, in welchem nun neue Akteure des kulturellen Bereichs eine Rolle in der Tiroler Szene spielen. Der Besatzungszeit hat das Institut seine nach wie vor sehr gute finanzielle Lage zu verdanken. Das lokale Personal besteht aus fünf bis sieben Personen (Hausmeister, Sekretärinnen, Buchhalter, Bibliothekar), und Frankreich entsendet zwei sogenannte „détachés“: einen Generaldirektor und einen Generalsekretär, der die pädagogische Abteilung leitet. In dieselbe Richtung entwickeln sich auch die Instituts français in Deutschland. Die Anweisungen des Außenministeriums müssen befolgt werden, der Botschafter und der Kulturattaché in Wien sollen dafür bürgen und sind zu diesem Zweck an einem auf „Frankreichs Identität“ und auf der deutsch-französischen Versöhnung gründenden Projekt beteiligt (die österreichische Sonderstellung wird nicht berücksichtigt). Das Projekt dreht sich um vier Achsen (offiziell „Säulen“ genannt): 1. Förderung der französischen Sprache 2. Herstellung bzw. Festigung der Kooperation mit der Universität 3. Fortsetzung einer aktiven Kulturpolitik 4. Schaffung einer Bibliothek – in den 80er Jahren in „Mediathek“ umbenannt. Die verschiedenen Außenminister – bzw. ihre Kabinette – privilegierten jeweils die eine oder die andere Säule. In den 70er und 80er Jahren wird der Akzent auf die Sprache gelegt und es werden immer mehr Französischkurse angeboten. Es gibt bald bis zu zwölf Französischlehrer, alle vor Ort rekrutiert. Ab 1981 wird auf Anregung des französischen Kulturministers Jack Lang die Kulturarbeit wieder zum Schwerpunkt des Projekts, wobei die Sprachkurse keineswegs vernachlässigt werden, denn sie sind die einzig lukrative Tätigkeit. 1982 übernimmt die Schriftstellerin Catherine Clément[20] die Leitung der AFAA (Association française d’action artistique), die 1922 zur Förderung der Austausche zwischen Frankreich und dem Ausland gegründet worden war, und setzt sich zur Aufgabe, die Kulturpolitik der Instituts français zu unterstützen. Somit bekommt das Innsbrucker Institut français eine zweifache Unterstützung: Kompetenz und finanzielle Mittel. Die französischen Institute sind bestimmten Zonen zugeordnet. Österreich gehört zur „deutschen“ Zone. Die Ausstellungen pendeln zwischen den Instituten einer selben Zone hin und her. Auf einer 1991 von Günther Dankl im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum organisierten Ausstellung werden mit großem Erfolg dieselben Werke gezeigt wie 1946 bei der Ausstellung anlässlich der Einweihung des Instituts, womit an die Tradition der Kunstpflege wieder angeknüpft wird. Parallel zu diesem künstlerischen Programm wird die Politik des Austausches und der Einladungen von französischen Persönlichkeiten weitergeführt; als Beispiele seien nur die Lesungen von Erik Orsenna[21] (1992) und Alain Finkielkraut[22] (1996) erwähnt.

In all diesen Jahren bleiben die Gebäude der Institute nach wie vor sehr wichtig für die französische Politik, vor allem in Innsbruck, genauso wie in Wien. Allmählich entwickeln sich andere Arbeitsmethoden, die stärker an den Beziehungen mit den lokalen Kunst- und Kulturträgern orientiert sind (Tiroler Landestheater, Galerie Sankt Barbara [Hall in Tirol], Festwoche der Alten Musik… usw..): Le Guêpier, eine in französischer Sprache spielende Theatertruppe des Instituts für Romanistik der Universität Innsbruck arbeitet mit dem Institut français zusammen, um in den 90er Jahren, mehrere Spielzeiten in Folge, ein Theaterprogramm in französischer Sprache anzubieten. Während das Kino des Instituts geschlossen wird, bekommen die lokalen Kinos eine finanzielle Unterstützung (insbesondere das Filmkunstkino „Cinematograph“ und das 1992 gegründete „Internationale Filmfestival Innsbruck [IFFI]“)

1995 tritt Österreich der Europäischen Gemeinschaft bei. Die vier Kulturinstitute (Wien, Innsbruck und die Nebenstellen in Salzburg und Graz) werden der Zone „Osteuropa“ zugeteilt. Diese Verbindung ist für Innsbruck nicht so selbstverständlich wie für Wien. Das schon durch die neuen Orientierungen des Ministeriums in Frage gestellte Institut ist keine Priorität mehr, zumal das Konsulat geschlossen wird und das Institut, nachdem Frankreich seine Räumlichkeiten verkauft hat, völlig isoliert ist. Am 5. September 1995 leitet Frankreich eine Serie von sechs Atomtests auf Mururoa ein, was eine starke Reaktion auf lokaler Ebene hervorruft, und zur Folge hat, dass sogar Freunde und Mäzene sich vom Institut abwenden. Die Sprachkurse werden nicht mehr besucht. Das Institut hat sich lange Zeit von einem gewissen Bild Frankreichs genährt, eines befreundeten, von den lokalen Institutionen unterstützten Lands. Das nahe Italien übernimmt nun bald die Rolle des bestmöglichen Partners. Umso mehr als die Studenten aus Südtirol (der zweisprachigen Region mit Deutsch und Italienisch) sich an der Universität Innsbruck immatrikulieren.

Im Oktober 1996 begeht das Institut sein fünfzigjähriges Jubiläum. Ein wichtiges Kolloquium zelebriert dieses Jubiläum: Österreichische und französische Historiker analysieren diese Jahre der Kooperation; zahlreiche kulturelle Veranstaltungen begleiten diesen Anlass, ein Buch mit einem Vorwort des Tiroler Landeshauptmanns Wendelin Weingartner[23] wird veröffentlicht (das institut français ist 50 jahre alt). 2004 verkauft Frankreich nun auch die Häuser am Rennweg Nr. 17-19, und das Institut, dessen finanzielle Lage immer schwieriger wird, bezieht kleine Büroräume im Stadtzentrum. Der gesamte Bestand der Mediathek wird zerstreut, ein interdisziplinärer Pol für Frankreichkunde wird an der Universität Innsbruck eingerichtet.

2015 wird das Institut français von Innsbruck in ein „Institut franco-tyrolien d’Innsbruck“ mit dem Statut eines gemeinnützigen Vereins verwandelt, dem Professor Franz Pegger[24] vorsitzt, in Verbindung mit dem in Wien angesiedelten Institut français d’Autriche.

Quellen und externe Links

Bibliografie

  • Besset, Maurice : Eine Erinnerung. In : Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (dir.) : Tirol-Frankreich 1946–1960. Spurensicherung einer Begegnung. Innsbruck 1991, p. 11–16.
  • Dankl, Günther : Tirol-Frankreich. Ein Dialog. In : Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (dir.) : Tirol-Frankreich 1946–1960. Spurensicherung einer Begegnung. Innsbruck 1991, p. 49–59.
  • Institut français d’Innsbruck (dir.) : das institut français ist 50 jahre alt. Innsbruck, Institut français d’Innsbruck, septembre 1997, (= Actes du colloque du 25 octobre 1996). ISBN : 3-901891-00-5.
  • Porpaczy, Barbara : Frankreich-Österreich 1945–1960. Kulturpolitik und Identität. Innsbruck : Studienverlag 2002 (= Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte, vol. 18), bes. S. 75–87.
  • Porpaczy, Barbara : Von der Selbstdarstellung zum Kulturaustausch: Die französischen Kulturinstitute in Wien und Innsbruck. In : Thomas Angerer, Jacques Le Rider (dir.) : „Ein Frühling, dem kein Sommer folgte“? Französisch-österreichische Kulturtransfers seit 1945. Wien, Köln, Weimar : Böhlau 1999, p. 119–136.

Autor

Jean-Marc Terrasse

Übersetzt aus dem Französischen von Hélène Belletto-Sussel